Ein Gespräch mit Frank Schönleber, gemeinsam mit seinem Vater Werner Schönleber die Gault&Millau-Weinpersönlichkeit des Jahres 2024
Jetzt teilen
TEXT Nick Pulina | TITELFOTO birdyfoto
Eingebettet zwischen den Top-Lagen Halenberg und Frühlingsplätzchen liegt der malerische Weinort Monzingen. Dass die bloße Erwähnung dieser beiden Weinberge bei Genießern aus aller Welt für Begeisterung sorgt, ist einer Familie zu verdanken: den Schönlebers. Das kompromisslose Qualitätsstreben von Seniorchef Werner und Sohn Frank Schönleber verdient unsere denkbar höchste Anerkennung. Jahr für Jahr erschaffen sie Wein-Ikonen, die in punkto Finesse, Filigranität und wohltuender Zartheit alles überragen. Mit ihren Weinen setzen die Schönlebers die elegante, spannungsvolle Lebhaftigkeit des Nahe-Rieslings genussvoll in Szene und sind für uns die unbestrittenen Weinpersönlichkeiten des Jahres 2024.
Wir sprechen mit Frank Schönleber über die Geschichte des Weinguts, die Zusammenarbeit mit seinem Vater und die Frage, warum er eigentlich nur 89 Prozent seiner Rebfläche mit Riesling bestockt hat.
Herr Schönleber, Sie haben gerade das Biegen und Binden der Reben hinter sich. Wenn Sie einmal weniger eingespannt sind, reisen Sie dann gern?
Es geht. Die betriebsbedingten Reisen habe ich inzwischen auf ein absolutes Minimum reduziert, darum kümmert sich unser Vertriebsleiter. So bin ich in der komfortablen Position, mir herauspicken zu können, worauf ich Lust habe. Privat fahren meine Familie und ich gern in den Schnee zum Skifahren. Das ist einer von zwei Jahresurlauben, die wir uns gönnen. Den anderen machen wir dann im Sommer, wenn im Weinberg nicht mehr ganz so viel schiefgehen kann und nur noch Feinarbeit ansteht. So muss man sich keine Gedanken machen, dass zu Hause etwas wegläuft und kommt dementsprechend entspannt wieder.
Wer nach Monzingen kommt, fährt zwangsläufig an einigen Ihrer Weinberge vorbei. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie nach einer längeren Reise wieder heim kommen?
Da habe ich schon immer das Gefühl, dass die Heimat mich wiederhat. Je nachdem welche Jahreszeit ist, bin ich natürlich auch neugierig, was in der Zwischenzeit im Weinberg passiert ist; sind die Reben gewachsen, gibt es gelbe und vertrocknete Blätter, sind die Trauben in Ordnung? Da kann auch ich nicht aus meiner Haut.
Die Weinbaugeschichte Ihrer Familie reicht über 250 Jahre zurück. Den Grundstein für das heutige Spitzenweingut Emrich-Schönleber hat Ihr Großvater gelegt. Wie fühlt es sich an, Teil einer solchen Dynastie zu sein?
‚Dynastie‘ ist ein etwas zu großes Wort. Unsere Familie betreibt ja nicht schon seit 250 Jahren das Weingut in seiner heutigen Form. Das hat sich alles allmählich entwickelt. Bis in die 1960er hinein war unsere Landwirtschaft ein klassischer Mischbetrieb, in dem der Weinbau zwar einen Anteil hatte, aber eben nur ein Standbein von vielen war. In den 60er-Jahren hat es sich durch die Arbeit meines Großvaters langsam zu einem echten Weingut entwickelt. Und dann war es mein Vater, der das Weingut seit den 90ern mit großen Schritten voran geführt hat. Zu der Zeit, als ich im Weingut großgeworden bin, war es schon eines der erfolgreichsten in Deutschland. Und daran immer noch etwas weiter feilen zu können und hier und dort auch Fortschritte zu sehen, das ist schon ein schönes Gefühl.
War es schon immer Ihr Plan, eines Tages die Nachfolge Ihres Vaters anzutreten?
Im Prinzip war es das, ja. Natürlich hatte ich mal ein paar Ideen und Gedanken, aber ernsthafte Alternativen waren nie dabei.
Wie ist Ihrer beider Zusammenarbeit organisiert?
Mein Vater ist hauptsächlich noch bei den Weinbergsarbeiten dabei, hat aber in den letzten Jahren Stück für Stück seine Verantwortungsbereiche an mich abgegeben. Er hat nicht mehr den Ehrgeiz, morgens immer als Erster da zu sein und abends als Letzter zu gehen. Im Weinberg kann er das machen, was ihm Spaß macht, und das haben wir auch sehr gut abgestimmt. Der Keller liegt sowieso schon seit meinem Betriebseinstieg 2005 in meinem Verantwortungsbereich. Darüber hinaus bin ich aber auch im Wingert viel gefordert und übernehme jetzt natürlich auch noch weitere Aufgaben von meinem Vater. So werden meine Arbeitskraft und Energie zwar stärker gefordert, aber mir macht das auch großen Spaß. Grundsätzlich bin ich lieber im Wingert als im Büro, auch wenn es einen immer wieder fesselt (lacht).
Was ist eigentlich so toll an Grau- und Weißburgunder, dass Sie nicht die 100 Prozent Riesling wagen?
In den Zeiten Ende der 80er und Anfang der 90er war trockener Grauburgunder – Betonung auf trocken – ein Wein, mit dem wir Geld verdient haben; und zwar mindestens genau so viel wie mit Riesling. Grauburgunder war eine willkommene Alternative für die Kundschaft, die mit der Rieslingsrasse nicht so gut klarkam. Das hat auch bis heute seine Berechtigung. Die Burgunder sind eine schöne Ergänzung unseres Sortiments. Und gerade beim Grauburgunder sehe ich, dass da bei uns durchaus bedeutende Weine herauskommen können. Alle paar Jahre machen wir zum Beispiel einen Grauburgunder R, der mir auch persönlich wirklich großen Spaß macht.
Sind Sie selbst auch ein Genussmensch, oder beliefern Sie uns nur?
Auf jeden Fall bin ich ein Genussmensch (lacht)! Ich würde sogar behaupten, dass das auch kaum anders funktionieren würde. Wenn man das, was man erzeugt, nicht selbst in vollen Zügen genießen kann, dann fehlt einem der nötige Zugang dazu und man kann nicht viel reißen. Ich muss nicht ständig ins Gourmetrestaurant – hin und wieder ist das toll und meistens ein spannendes Erlebnis, doch das brauche ich nicht immer. Aber ein gutes Essen und guten Wein weiß ich immer zu schätzen. Am liebsten mag ich es bodenständig. Bodenständig, aber gut.
Wie würden Sie einem interessierten Einsteiger erklären, was er bekommt, wenn er einen Ihrer Weine kauft?
Unsere Weine verkörpern ihre Herkunft, auch im Einstiegsbereich. Man merkt schnell, dass es uns nicht vordergründig um Frucht und Gefälligkeit geht, sondern um etwas Handfestes – ein handwerklich erzeugtes Getränk.
Auf was dürfen wir uns bei Ihrem 2023er-Jahrgang freuen?
Die Weine sind gerade noch sehr im Werden begriffen. In welche Richtung es wirklich gehen wird, stellt sich erst ein paar Wochen nach der Filtration heraus. Im Moment habe ich aber das Gefühl, dass sich 2023 aromatisch und stilistisch im Bereich der wärmeren Vorjahre bewegt und sich da gut einreihen wird. Alles in allem bin ich sehr zufrieden mit dem Jahrgang. Die recht frühe und schnelle Weinlese war die Voraussetzung dafür, dass unsere Trauben gesund geblieben sind und bei perfekter Reife gelesen werden konnten. Dank unserer schlagkräftigen Lesemannschaft hatten wir am 12. Oktober alles im Keller. Das ist das früheste Datum in unserer Geschichte.
Weingut Emrich-Schönleber
www.emrich-schoenleber.de
@emrichschoenleber