Ist GG gleich GG?

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TEXT Katja Apelt I FOTOS Peter Bender

561 Weine der Spitzenklassifikation VDP-Großes-Gewächs – kurz GG – kommen in diesem Jahr auf den Markt. 462 davon waren nun in der jährlich stattfindenden exklusiven Vorpremiere in Wiesbaden zu verkosten. Der neue Jahrgang ist vielversprechend – doch nicht überall wo GG drauf steht ist auch ein GG drin.

Leider fallen immer wieder Weine auf, bei denen man die GG-Qualität vermisst. Es sind schöne Weine, ohne Frage – aber eben nicht ganz High-End, vielleicht einer Ersten Lage angemessener. Dort können sie brillieren. Vor internationalem Publikum, die auf der Suche nach Grandezza im deutschen Wein sind, helfen sie der Kategorie wahrscheinlich eher nicht. Der VDP hat bereits eine Initiative gestartet, in der Lagen auf Grundlage der bisherigen Ergebnisse neu bewertet werden sollen. Ein wichtiges Vorhaben, um besonders die internationale Strahlkraft der GGs in Zukunft voll ausspielen zu können und ihr Potential zu nutzen, um Wein aus Deutschland international besser zu positionieren.

Natürlich steht aber während der drei Tage eine andere wichtige Frage im Raum: Wie schlagen sich die neuen Jahrgänge? Für die Weißweine – rund 290 davon, also knapp zwei Drittel, sind Rieslinge – stehen großteils die 2023er auf den Tischen. Ein Jahr mit zwei Gesichtern: Einem sehr trockenen und warmen Frühjahr und Frühsommer, folgten heftige Niederschläge im Sommer, die so spät einsetzten, dass sie in vielen Weinbergen mehr schadeten als nützten, weil Trauben aufplatzten und sich Pilze und Krankheiten einnisten konnten. Die Reife setzte früh und in vielen Lagen gleichzeitig ein, so das schnell, aber auch sorgfältig gelesen werden musste.

Den allermeisten Weinen war in Wiesbaden dieser Stress nicht anzumerken. Die Spitzen-Rieslinge des Jahrgangs zeigen sich klar und klassisch. Immer mal wieder blitzt Säure hervor – war aber im großen Ganzen eher moderat und sehr gut unter Kontrolle. Besonders die Nahe zeigte sich schön, aber auch Rheinhessen und die Pfalz konnten glänzen. Es sind alte Bekannte, die hier Spitzenweine abliefern: Dönnhoff und Schlossgut Diel an der Nahe, Battenfeld-Spanier und Wittmann in Rheinhessen. In der Pfalz glänzten Christmann, Rebholz und Bürklin-Wolf. Schöne Weine kommen auch von Mosbacher und Acham-Magin. An der Mosel stolpert man in diesem Jahr immer wieder über eine etwas zu rundliche Süße.

Einige Winzer haben zudem reifere Jahrgänge eingereicht. Viele der 2022 zeigten, dass etwas mehr Zeit im Keller den Großen Gewächsen einfach steht. Man möchte sagen: Mehr davon.

Auch Franken steht gut da und lieferte neben schönen Rieslingen auch eine gute Kollektion Silvaner ab. Rudolf May fällt positiv auf, aber auch Ludwig Knoll mit seinen straffen, gradlinigen Exemplaren. Bei den Chardonnays und Burgunden konnte Baden performen. Auch hier stehen bekannte Namen im Vordergrund: Huber etwa oder Salwey.

Die roten GGs – als Rebsorten sind hier Spätburgunder und in Württemberg der Lemberger zugelassen – stammen weitgehend aus dem Jahr 2022, weil der VDP ein Jahr mehr Reife in der Kategorie vorsieht. Das Weingut Knipser hat sogar 2020 angestellt – und liegt damit sehr richtig. Burgundisch schön zeigen sich die Weine von Paul Fürst. In der Top-Liga beim Spätburgunder spielen außerdem Huber, Aldinger, Meyer-Näkel und Battenfeld-Spanier zusammen mit Rainer Schnaitmann, Gutzler und Philipp Kuhn.

Die neuen Jahrgänge sind insgesamt vielversprechend. Viele Weißweine aus dem Jahr 2023 fielen durch ihre Zugänglichkeit auf – sie zeigen jung schon ihre Schönheit, bringen aber auch Reifepotential mit. Die Roten profitieren vom warmen Witterungsverlauf in 2022, haben Kraft ohne dabei in die Üppigkeit abzudriften. Zwei Jahrgänge, die Spaß machen werden.


Jedes Jahr Ende August kommt im Wiesbadener Kurhaus das Who’s Who der deutschen und internationalen Weinbranche zusammen. Bei der geht für drei Tage um nicht weniger, als darum, sich einen Eindruck von der Qualität mit das Besten zu machen, was die deutsche Weinbranche zu bieten hat. In insgesamt 82 Flights können rund 200 deutsche und internationale Weinkritiker, Weineinkäufer, Sommeliers, Journalisten und andere Weinprofis 462 VDP-Große-Gewächse (GG), also die Spitze der Klassifikationspyramide des Verbands deutscher Prädikatsweingüter (VDP), verkosten. An Einzelplätzen werden die Flights individuell serviert, so dass jeder Teilnehmer unter bestmöglichen Bedingungen probieren kann. Sortiert werden die Weine innerhalb der Rebsortenkategorie und des Anbaugebietes nach Lagen, so dass Verkoster verschiedene Interpretation eines Weinbergs probieren können.