„Das ist schon etwas, das die Branche bedenklich stimmt“

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INTERVIEW Arno Makowsky | FOTO Deutsches Weininstitut

Die Deutschen trinken weniger Wein! Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut über mögliche Gründe für den niedrigeren Konsum – und wie Winzer und Händler darauf reagieren.

Herr Büscher, der Weinkonsum in Deutschland ist von 19,9 Liter auf 19,2 Liter im Jahr gesunken. Das klingt erstmal nicht so dramatisch.

Die Zahl ist auf die Gesamtbevölkerung bezogen. Wenn man sie auf die über 16-Jährigen herunterbricht, die Wein trinken dürfen, liegt der Rückgang bei 1,1 Liter pro Kopf, von 23,6 Liter auf 22,5 Liter. Das ist schon etwas, was die Branche bedenklich stimmt. Vor allem, wenn man auch das Vorjahr betrachtet, bei dem auch schon eine Flasche weniger konsumiert wurde.

Woran liegt’s?

Es hat mehrere Ursachen. Einerseits nimmt die Zahl der Weintrinker aufgrund des demographischen Wandels ab. In Deutschland leben wesentlich mehr alte Menschen als junge, deshalb sterben mehr Konsumenten weg als junge nachkommen. Und die nachwachsende Generation trinkt generell weniger Alkohol, bei vielen jungen Leuten ist ein bewussterer Lebensstil angesagt.

Spielen auch Inflation und gestiegene Kosten im Alltag eine Rolle?

Sicher. Ukrainekrieg, Inflation, hohe Lebenshaltungskosten, all das führt noch einmal zu mehr Zurückhaltung beim Weinkonsum. Natürlich fragen sich die Leute, wo sie sparen können, und Wein zählt nun einmal nicht zu den Grundnahrungsmitteln.

Welche Weine sind denn vor allem vom Rückgang betroffen?

Es ist vor allem das mittlere Preissegment. Premiumweine laufen vergleichsweise gut weiter, und auch die preisgünstigen Weine werden weiterhin gut gekauft. Davon profitieren die einheimischen Winzer aber weniger, weil ausländische Weine im Supermarktregal oft günstiger sind.

Gibt es Produkte, die diesen Rückgang ausgleichen könnten?

Wir spüren einen Trend zu alkoholfreien Weinen. Das kann sich durchaus zu einer Alternative entwickeln. Die Branche könnte damit neue Zielgruppen ansprechen und Menschen auf der alkoholfreien Ebene für Wein begeistern.

Wie reagieren Sie sonst noch auf den niedrigeren Konsum?

Es ist schwer, darauf zu reagieren, weil es sich um Fakten handelt, die im Grunde nicht zu steuern sind. Wir haben in Deutschland noch das Glück, dass unser Weinkonsum seit den Nullerjahren relativ stabil war. In den klassischen Weinproduktionsländern Frankreich, Italien und Spanien waren die Rückgänge wesentlich stärker. Wir haben in Deutschland auch eine junge Winzergeneration, die jungen Konsumenten auf Augenhöhe begegnet. Die sind zum Beispiel auf Social Media unterwegs. Und sie produzieren trendige Weine.

Was denken Sie, wird sich der Trend wieder umkehren?

Es könnte schon sein. Grundsätzlich wünschen sich die Leute ja regionale Küche und regionale Produkte und sind auch bereit, für Qualität mehr zu bezahlen. In Zeiten wie diesen greifen sie aber doch lieber zu den günstigeren Angeboten. Aber die wirtschaftliche Situation wird hoffentlich bald besser, es gibt Lohnsteigerungen, und die Verunsicherung der Bevölkerung könnte nachlassen. Vielleicht gönnen sich die Leute dann wieder ein Gläschen mehr.

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