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TEXT Patricia Engelhorn | FOTOS Marvin Zilm
Charmante Dörfer, hippe Beachclubs, fantastische Restaurants: Saint-Tropez und seine Umgebung bieten alles, was Provence-Genießer lieben. Auf den Hügeln des ländlich geprägten Hinterlands wachsen herrliche Rosé-Weine.
Früher Nachmittag an der Plage de Pampelonne. So langsam sind auch die letzten Nachtschwärmer aufgewacht und an der sichelförmigen, fünf Kilometer langen Bucht im Süden von Saint-Tropez eingetroffen. Jetzt erst einmal einen Kaffee? Mais non, un rosé s’il vous plaît. Es ist schließlich Lunchtime und ganz gleich, ob man auf sich eine Portion frittierte Kalamari mit Sauce Tartare an die Strandliege bringen lässt oder einen der in den Sand gestellten Restauranttische gleich dahinter reserviert hat – das Getränk der Stunde ist Rosé, eisgekühlt und so hell, dass er fast als Weißwein durchgehen könnte.
Pampelonne gilt als perfekter Ort zum People Watching, vor allem die Beachclubs sind Hotspots des internationalen Jetsets. Als Top-Location für Liegen und Lunch gilt das in der Mitte der Bucht platzierte La Réserve à la Plage – ein von Philippe Starck mit lässigem Schick eingerichtetes Strandrestaurant, in dem der talentierte Küchenchef Nicolas Cantrel eine gut betuchte Klientel mit aromatischen Mittelmeer-Langusten und zartestem Entrecôte vom Wagyu-Rind verwöhnt. „Notre bestseller?“ – die hübsche Bedienung lacht. „Tout“, sagt sie, aber wer sich umschaut, sieht auf jedem zweiten Tisch eine üppige Portion getrüffelter Pommes und eine Flasche des Hausrosés Château de Mascaronne.
Ein charmanter Ort fernab des Trubels
Im Hintergrund perlen die coolen Klänge eines DJs, im Vordergrund glitzert das Meer, dazwischen sonnen sich gut aussehende Menschen, die ihr offenbar sorgloses Leben genießen. „Ich habe mir einen charmanten, freundlichen Ort gewünscht, der fernab der Modetrends liegt und nachhaltige, gute Küche bietet“, sagt Michel Reybier, Gründer und Inhaber der Michel-Reybier-Hospitality-Gruppe, zu der das Restaurant und auch das Luxushotel La Réserve in Ramatuelle gehören. Das biologisch arbeitende Weingut Château La Mascaronne hat der in der Schweiz lebende Franzose vor gut drei Jahren übernommen mit dem erklärten Ziel, einen der besten Weine der Provence zu produzieren.
Mit Wein ist hier vor allem Rosé gemeint, rund 100 Millionen Flaschen davon werden jedes Jahr in der Region produziert. Die Reben dazu – Grenache, Cinsault, Syrah, Tibouren, Rolle und andere – wachsen in den Départements Bouches-du-Rhone, Var und Alpes-Maritimes auf gut 20.000 Hektar sandigen Kreideböden, die sich von Saint-Raphael über Saint-Tropez bis fast nach Toulon am Mittelmeer entlangziehen und bis tief ins Hinterland der Küste reichen. Wer auf der Halbinsel von Saint-Tropez ins mittelalterliche Bergdorf Gassinoder an die malerische Bucht von Gigaro fährt, kommt durch endlose Weingärten und an den majestätischen Gutshäusern historischer Weingüter vorbei.
„Ich wollte einen Rosé vinifizieren, der deutlich besser und deutlich heller sein sollte als die anderen.“ Régine Sumeire
Direkt unterhalb von Gassin steht das imposante Herrenhaus von Régine Sumeire, deren Rosé zu den besten in Frankreich gehört. Als sie 1977 Château Barbeyrolles erwarb und die Weinberge auf nachhaltige Landwirtschaft umstellte, stand die Appellation Côtes de Provencenoch für billige Massenweine und süßliche Pool-Rosés – nichts, was Madame Sumeire auch nur ansatzweise interessierte. „Ich wollte einen Rosé vinifizieren, der deutlich besser und deutlich heller sein sollte als die anderen“, erzählt sie. „Freunde aus der Champagne brachten mich auf die Idee, die bei ihnen üblichen hydraulischen Pressen einzusetzen.“ Damit werden die Früchte ganz sanft gepresst und der Saft nur kurz in Kontakt mit den Farbpigmenten der Häute gelassen. Das Resultat: ein leuchtender, heller Saft mit einer frischen und feinen Aromatik. Nach ein paar Jahren Arbeit an der Methode und den Assemblagen kamen 1985 die ersten Flaschen „Pétale de Rose“ auf den Markt – der ikonische lachsfarbene Rosé war geboren.
Inzwischen arbeiten fast alle Winzer der Provence mit Champagner-Pressen, auch die direkten Nachbarn von Régine Sumeire auf dem renommierten Weingut Minuty. Die Geschwister François, Jean-Étienne und Marie-Aline Matton-Farnet leiten den Familienbetrieb in vierter Generation – der Hype um die blassen Rosés von nebenan ist ihnen nicht entgangen. Anfang der 1990er-Jahre wurden neue Reben gepflanzt, neue Weintanks gekauft, eine eigene Abfüllanlage installiert und ein modern gestalteter Verkostungsraum eingerichtet. Besucher, die sich am großen quadratischen Tresen von gut geschulten Mitarbeitern die Minuty-Rosés einschenken und erklären lassen, bekommen vier ausgesprochen helle Weine zu probieren: Vom fruchtig-leichten Bestseller „Minuty M“ über die gastronomischen Cuvées „Préstige“ und „Château Minuty OR“ bis zum Top-Produkt „Château Minuty 281“, der aus den ältesten Grenache-Trauben der Domaine entsteht. Durch Glaswände sind die Barrique-Fässer für die Rotweine des Weinguts zu sehen, im Keller glänzen 203 Hektoliter fassende Stahltanks, im Park steht zwischen 200-jährigen Platanen, mannshohen Hortensien- und Oleander-Sträuchern das sogenannte Schloss – ein majestätisches, um 1860 von den italienischen Vorbesitzern errichtetes Herrenhaus, das die Familie privat nutzt.
Kein Wunder, dass der Besitz Begehrlichkeiten weckt. Seit ziemlich genau einem Jahr gehört Minuty mehrheitlich zum LVMH-Konzern, wie auch schon das Weingut Château d’Esclans, dessen Whispering Angel als weltweit meistverkaufter Rosé gilt. Damit hat sich Bernard Arnaults Luxus-Konglomerat die Nr. 1 (Château d’Esclans mit einer Jahresproduktion von 14 Millionen Flaschen) und Nr. 2 (Minuty mit etwa neun Millionen Flaschen) der Côte-de-Provence-Weingüter gesichert und zugleich die Wertigkeit und den Bekanntheitsgrad der ganzen Region in die Höhe katapultiert.
Der Weinberg reicht für 1000 Flaschen
„So mancher Winzer in unserer Region glaubt jetzt, er könne für seine Weinparzellen und Trauben Preise wie im Burgund oder in der Champagne verlangen“, amüsiert sich Hotelier Christophe Vallet. Er selbst gehört nicht dazu. Sein kleiner Weinberg in den Hügeln hinter Saint-Tropez reicht gerade mal für gut 1000 Flaschen des Bio-Rosés Clos Bellevue, der ohnehin nur jenen Insidern bekannt ist, die einen Tisch oder ein Zimmer in seinem verwunschenen Hotel La Ferme d’Augustin reserviert haben. Der Wein passt perfekt zur hausgemachten Foie Gras oder zum mit Tomaten und wildem Fenchel im Ofen gegarten Drachenkopf, der auf der zauberhaften, von Glyzinien bewachsenen Restaurantterrasse serviert wird.
Die Terrasse gab es schon in den 1950er-Jahren, als Christophe Vallets Großvater Augustin mit der Bewirtung von Gästen begann. Seine unprätentiöse, aber auf guten Produkten basierende Küche war in kürzester Zeit so erfolgreich, dass seine Frau ein paar Zimmer für all jene, die gar nicht mehr wegwollten, einrichten musste. Heute verfügt das Hotel an der Route de Tahiti über 46 großzügige, in schlicht-schönem Landhausstil eingerichtete Zimmer und Suiten, ein exzellentes Spa und einen Pool, dessen ionisiertes Wasser kleine Wunder auf der Haut bewirkt. „Wir haben sehr viele Stammgäste, die jedes Jahr wieder kommen, manchmal sogar zweimal“, erzählt Marie-Laure Vallet. Kein Wunder! La Ferme d’Augustin ist ein echtes Hideaway, obwohl Saint-Tropez nur knapp zehn Fahrminuten entfernt ist und die Plage de Pampelonne fast direkt vor der Haustür liegt.
Weinliebhaber fahren von hier aus ins ländlich geprägte Hinterland, zum Beispiel in die wenig touristische Gegend zwischen den Ortschaften Le Luc und Flassans-sur-Issole, wo sich das Weingut Commanderie de Peyrassol des Unternehmers Philippe Austruy befindet. Monsieur Austruy ist nicht nur ein Wein-Freak, sondern auch ein passionierter Kunstsammler, der sich hier eine eigene Kunsthalle mit Arbeiten von weltweit bekannten Größen wie Anish Kapoor, Michelangelo Pistoletto, Niki de Saint Phalle oder Frank Stella geleistet und weitere großformatige Werke zwischen die Reben gestellt hat. Das Interesse der Besucher an den in der hohen, großen und futuristischen Verkaufs- und Degustationshalle präsentierten Weinen dürfte ebenso groß sein wie das an der auf dem Gut ausgestellten Kunst. Weiter südlich, gleich hinter der wild-schönen Bucht von Gigaro stehen die Reben der Domaine de la Croix. Das Crû-Classé-Weingut gilt mit seinen 110 Hektar als größter Besitz am Golf von Saint-Tropez, knapp 90 Prozent der rund 700.000 jährlich produzierten Flaschen sind Rosé. Top-Produkt ist die Cuvée Empereur, dessen bestenfalls 2000 Flaschen pro Jahr zum Stückpreis von 79 Euro verkauft werden. Doch als Bestseller gilt die Einsteiger-Cuvée Irresistible. „Sie ist, was ihr Name verspricht“, sagt Kellermeister Roy Rebergen, „ein fruchtig-frischer Rosé, der perfekt zu einem lauen Sommerabend passt“.
Hotels
La Ferme d’Augustin: Kurz hinter Saint-Tropez führt eine Einfahrt zu einer Handvoll Natursteinhäuser zwischen blühenden Oleanderbüschen, Hortensien und Rosen. Die 46 Zimmer und Suiten sind in charmantem Provence-Stil möbliert, das Restaurant gehört zu den besten der Region. www.fermeaugustin.com, DZ ab 300 Euro
La Réserve Ramatuelle: Acht Zimmer und 19 Suiten in den Hügeln hinter Saint-Tropez, von Star-Designer Jean-Michel Wilmotte in unangestrengt-luxuriösem Stil gestaltet. Küchenchef Éric Canino ist für seine kreative Gourmetküche bekannt. www.lareserve-ramatuelle.com, DZ ab 950 Euro
Château de Valmer: Die historische Bastide steht zwischen eigenen Weinbergen, die leicht erhöhte Lage beschert dem Relais & Château-Haus einen sensationellen Blick aufs Meer. Zur Verfügung stehen 41 ländlich-elegante Zimmer und Suiten und ein ambitioniertes Restaurant. www.chateauvalmer.com, DZ ab 365 Euro
Cheval Blanc St. Tropez: Glanzvolles Comeback der ehemaligen Résidence de la Pinède an der Einfahrt von Saint-Tropez. Die 30 Zimmer und Suiten punkten mit luxuriösem Riviera-Chic, das Restaurant gilt als das beste der Region, vom Privatstrand aus überblickt man die ganze Bucht. www.chevalblanc.com, DZ ab 1250 Euro
Hotel Lou Pinet: Zauberhaftes Hideaway im schicken Bohème-Stil der Sixties. Die 34 Zimmer und Suiten sind auf pfirsichfarbene Gebäude in einem Garten mit Pool im Hinterland von Saint-Tropez verteilt und wunderbar ruhig. Zusätzliches Highlight: das schicke Restaurant BeefBar. www.loupinet.com, DZ ab 575 Euro
Villa Belrose: Luxuriöses, am Hang von Gassin gelegenes 37-Zimmer-und-Suiten-Hotel mit großartigem Service und einer prächtigen Aussicht. Noch exklusiver: Die neue Résidence Belrose mit vier Schlafzimmern und Pool. www.althoffcollection.com, DZ ab 489 Euro
Restaurants
La Réserve à la Plage: „the place to be“ am Pampelonne-Strand empfängt mit Liegestühlen und einem schicken Restaurant. Küchenchef Nicolas Cantrel verwöhnt seine Gäste mit perfekt gegrilltem Fisch aus dem Meer vor der Tür und aromatischem Gemüse von Bio-Bauern aus der Region. www.lareserve-plage.com
Ultimate Provence: Das zu einem Weingut mit Small-Luxury-Hotel gehörende Restaurant gibt sich glamourös und party-freudig. Man sitzt auf der Terrasse mit Blick in die Reben und lässt sich Zucchini-Fritters, Thunfisch-Tataki oder Linguine mit Garnelen und den UP-Rosé schmecken. www.ultimateprovence.com
La Verdoyante: Terrassenrestaurant in den Weinbergen unterhalb von Gassin. Am Herd steht Laurent Mourellet, der seine hochwertigen Produkte möglichst unverfälscht serviert. Zu den Lieblingsgerichten zählen die hausgemachte Foie Gras, eine fantastische Bouillabaisse und das Winzer-Sorbet aus einheimischen Trauben. www.la-verdoyante.fr
Belo Visto: das beste Restaurant auf der spektakulären Place dei Barri in Gassin mit Blick über die Bucht von Saint-Tropez. Auf weiß gedeckten Tischen werden Mittelmeer-Spezialitäten wie Felsen-Oktopus-Casserole oder gebratener Wolfsbarsch auf Weißen Bohnen serviert. Zum Restaurant gehört ein charmantes 7-Zimmer-Hotel. www.bellovisto.eu
Gigi: Das angesagte Strandlokal steht gut verborgen im Kiefernwald hinter der Plage de Pampelonne und punktet mit bester italienischer Küche. Insider bestellen erst mal einen Bellini, dann Trüffel-Arancini, Hummer-Spaghetti und ein cremiges Tiramisu mit Mascarpone. www.gigi-restaurant.com/saint-tropez-fr
La Ponche: Das zum legendären Hotel La Ponche gehörende Restaurant gilt als Geheimtipp in Saint-Tropez. Man sitzt auf einer idyllischen Terrasse mitten im alten Dorfkern und lässt sich Thunfisch-Tartelette, Fischeintopf und die fantastischen lokalen Käsesorten von Julien Ragusa schmecken. www.laponche.com
Le Kikouiou: Die Bambushütte in den Weinbergen hinter dem idyllischen Escalet-Strand wird seit über 30 Jahren von Laurence Dooghe und ihrer Familie geführt. Einheimische und gut informierte Urlauber treffen sich hier zu eisgekühlten Mojitos, Trüffelpizza oder einem perfekt zubereiteten Steak-Frites. 1146 Route de Bonne Terrasse.
Weingüter
Château Barbeyrolles: Ein Rosé, ein Rotwein, ein Weißwein, alle zum gleichen Preis von 24 Euro – „keep things simple“ scheint das Motto von Régine Sumeire zu sein. Zum Verkosten stehen ein paar Tische mit Aussicht vor dem Verkaufsraum bereit. www.barbeyrolles.com
Domaine de la Croix: Das schöne Anwesen punktet nicht nur mit exzellenten Weinen, sondern auch mit einem Garten und ein paar unter Arkaden verteilten Tischen. Insider kommen am Abend, bestellen Snacks zum Rosé und genießen den Blick in den Sonnenuntergang. www.domainedelacroix.com
Minuty: Die Domaine ist seit 1936 in Familienbesitz. Seitdem die jetzige Generation 1990 das Ruder übernahm, wurde vieles verändert und modernisiert. Heute wird Minuty-Rosé in 135 Länder verkauft, vor allem in die USA. www.minuty.com
Château La Mascaronne: Die 60 Hektar Weinberge sind seit 2016 Bio-zertifiziert, produziert werden auch Rot- und Weißweine sowie ein elegantes Olivenöl. Als Top-Rosé gilt die neue Cuvée Grande Reserve aus 60 Jahre alten Grenache-Trauben. www.chateau-lamascaronne.com
Commanderie de Peyrassol: Das Anwesen wurde im 13. Jahrhundert von einem Templerorden als Herberge für Pilger auf dem Weg ins Heilige Land gegründet. Heute ist dies ein innovatives Weingut mit Kunstsammlung, nettem Bistro, Gourmet-Restaurant und ein paar hübschen Gästezimmern. www.peyrassol.com