Auf dem Weg zum „Supergerman“?

Eine Spitzen-Cuvée aus zwei deutschen Weinbaugebieten – gibt‘s das eigentlich?

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TEXT Katja Apelt I FOTOS Sandra Fehr/Heroes of Riesling

Wilhelm Weil vom Rheingauer Weingut Robert Weil, Hans Oliver (H.O.) Spanier vom rheinhessischen Weingut Battenfeld-Spanier und Dirk Würz, Netzwerker und Geschäftsführer des Weinguts St. Antony – ebenfalls aus Rheinhessen – sind diesen etwas ungewöhnlichen Weg gegangen und haben ihre jeweils „bestes Fass“ aus den VDP-Große-Gewächs-Lagen Gräfenberg (Rheingau), Frauenberg und Hipping (beide Rheinhessen) des Jahrgangs 2021 zusammengelegt. „Unser Aufbruch“ heißt die Linie, die jetzt erstmals in den Verkauf an Weinliebhaber geht. Ein Teil dieser Weine, insgesamt gerade einmal 360 Flaschen, werden zurzeit nämlich einzig über den Online-Weinhändler Tesdorpf angeboten. Die raren Flaschen sind nur auf Anfrage erhältlich. Der Preis des kleinen, feinen Projekts ist auf der Website nicht angegeben, soll für eine Flasche aber laut Tesdorpf-Geschäftsführer Heiko Schimeczek bei 95 Euro (0,75 Liter) liegen. Die restlichen Flaschen (ca. 1000) werden für künftige Aktionen vorgehalten. Der Wein ist als ein Symbol für den Exzellenzgedanken bei deutschem Wein gedacht und liegt preislich höher, als die allermeisten deutschen VDP-Großen-Gewächse (GG).

Im Rahmen der Vorstellung der neuen Linie diskutierten die Winzer mit einem Fachpublikum aus Handel und Medien auch die Bedeutung der deutschen GGs im Vergleich zu den burgundischen, deutlich teureren Grands Crus und anderen sogenannten Icon Wines. In den Verkostungen trafen die GG-Vertikalen aus dem Gräfenberg, dem Frauenberg und dem Hipping auf Super-Premium-Gewächse von Méo-Camuset (Clos de Vougeot, Burgund), den Unico von Vega Sicilia (Ribera del Duero) und verschiedene Jahrgangschampagner von Bollinger. Die Teilnehmer waren einhellig der Meinung, dass viele deutsche GGs qualitativ an der internationalen Spitze mitspielen, die allermeisten aber preislich und auch von ihrer Reputation her noch nicht dort angekommen seien.
Entstanden ist das Projekt „Unser Aufbruch“ übrigens schon während Corona. Die drei Winzer wollten gemeinsam einen Wein für die Gastronomie machen – als Geschenk zum Start nach den Lockdowns. Aus der ersten Aktion entstanden 1444 Flaschen des ersten Jahrgangs 2020. Sie wurden an 12 Gastronomen – gute Freunde der Urheber – verschenkt und zu besonderen Veranstaltungen ausgeschenkt. Auch in den kommenden Jahren wollen die Weingüter das Projekt „Unser Aufbruch“ fortsetzen und einen besonderen und raren Wein schaffen, der die qualitative Spitze in Deutschland repräsentiert, aber eben auch durch die Cuvee aus 2 Gebieten gängige Regeln bricht. Entsteht hier eine Art „Supergerman“?