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TEXT Anke Kronemeyer | TITELFOTO Die SiegerInnen in der Kategorie Nationalmannschaft / Landesmesse Stuttgart GmbH
Fünf Tage lang war Stuttgart das Mekka für Gastronomie und Hotellerie. Zum 31. Mal fand mit der Intergastra eine große Fachmesse statt, die alle zwei Jahre als einer der größten Branchentreffpunkte gilt. Welche prominenten Küchenchefs ausgezeichnet wurden – und warum die Kocholympiade beinahe an einem Piratenüberfall gescheitert wäre.
Die Themen bei der Intergastra, die erneut zehn Hallen bespielte, waren enorm vielfältig: Es ging um Küchentechnik, Kaffeezubereitung, Convenience-Food, um Hoteleinrichtungen vom Boxspringbett bis zum passenden Wasserhahn, außerdem gab es Infos zu Verkaufsförderung und über neue EDV-Systeme. Ein großes Thema war die Digitalisierung zum Beispiel an der Hotelrezeption, außerdem luden viele Talkrunden über Fachkräftemangel, Ausbildungsmöglichkeiten oder zur Zukunft von Hotellerie und Gastronomie allgemein ein. An allen Messetagen herrschte eine quirlige, neugierige Stimmung, die Besucher und Besucherinnen unterhielten sich intensiv und konzentriert mit den Ausstellern, man sprach über Start-ups und über Kreislaufwirtschaft, über die Fußball-EM als Tourismusfaktor und über pflanzenbasierte Ernährung.
Mehr als 88.000 Besucher an fünf Messetagen
Unter den 88.000 Besuchern waren natürlich auch viele bekannte Gesichter: Köche, vor allem wenn sie im Fernsehen prominent vertreten sind, haben mittlerweile ihre eigene große Fan-Schar. So stand Stefan Marquardt an allen Tagen an der Pfanne, Johann Lafer suchte neue Produkte für seine Linie „Aufgelafert“ für ein Tiefkühl-Lieferunternehmen aus Mettmann, Alexander Hermann aus Wirsberg führte anlässlich der „Chefsache“ durch eine besondere Koch-Challenge, an der sich auch Nils Henkel beteiligte, Tim Raue hielt flammende Plädoyers für mehr Leidenschaft „am Gast“, und Koch Roland Trettl plauderte aus seinem Alltag als Moderator einer Dating-Show.
Genusslabor 2.0 gemeinsam mit Influencern
Sehr ungewöhnlich war eine Challenge, der sich vier Kochteams stellten: Initiator war die Jeunes Restaurateurs (JRE), die jedem Koch und jeder Köchin einen Influencer an die Seite stellte. Jedes Team wurde an einem Tag in Stuttgart „ausgesetzt“, musste sich die Zutaten entweder auf einem Feld, im Tropenhaus des Tierparks Wilhelma oder im Wald (dort war bereits ein erlegtes Reh vorbereitet worden) organisieren und am Tag darauf vor Publikum ein Gericht kochen. Neben Nils Henkel („Bootshaus“) traten die Spanierin Teresa Gutiérrez („Azafrán“, Villarobledo), der Slowene Luka Košir („Grič“, Horjul) und Sebastian Obendorfer (Obendorfers Eisvogel) bei diesem Genusslabor 2.0 an. Ihnen zur Seite standen Hobbykoch Anton Behnke, YouTube-Koch Robert Brosowski alias CrispyRob, die auf regionale Küche spezialisierte Food-Influencerin Sandra Mühlberg sowie Isabella Condito. „Wenn die Influecer das alles auf ihren Kanälen posten, haben wir auf einen Schlag eine Million oder mehr Follower, die diese Kochaktion mitbekommen“, freute sich Oliver Röder, Präsident von JRE. So könne man Vorurteile über die Top-Gastronomie zerstreuen und mal ganz andere Werbung für die Branche machen, glaubt er.
Nacht der Sterne zeichnet Spitzenköche aus
Alle zwei Jahre, mittlerweile zum siebten Mal, gilt die Nacht der Sterne der Allgemeinen Hotel- und Gaststättenzeitung als Höhepunkt der Messe. 1000 Gäste vergnügten sich am Montagabend im stylischen Mercedes Benz Museum, probierten Jakobsmuscheln, geflämmtes Skrei Filet, Käsespätzle, Sauerteigbrot oder geschmortes Kalbsbäckchen und verkosteten dazu natürlich viel Wein, der zumeist aus deutschen Landen kam. Das gastronomische Konzept wurde wie immer von Rolf Straubinger und seinem Team vom Burghotel Staufeneck organisiert. Im Mittelpunkt stehen aber immer die Ehrungen von Spitzenköchen. Die diesjährigen Top-Platzierungen bei den AHGZ-Sterne Awards gingen nach Baiersbronn, Dreis und Perl: Die Schwarzwaldstube im Hotel Traube Tonbach mit Küchenchef Torsten Michel, das Waldhotel Sonnora mit Clemens Rambichler und das Victor’s Fine Dining by Christian Bau im Victor’s Residenz-Hotel Schloss Berg sind demnach Deutschlands beste Restaurants und teilen sich den Spitzenplatz. Basis dieser Auszeichnung: ein exklusives Ranking, das die Bewertungen der wichtigsten Restaurantführer im deutschsprachigen Raum – unter anderem auch von Gault&Millau – berücksichtigt. Erstmals gab es außerdem einen Sonderpreis für sieben Gastgeber und Spitzen-Küchenchefs in Baiersbronn: Hermann Bareiss, Claus-Peter Lumpp, Sebastian Finkbeiner, Torsten Michel, Florian Stolte, Jörg und Nico Sackmann. Laudator war Koch und Buchautor Christian Rach.
Finnland siegt bei der Olympiade
Fehlt nur noch die 26. Olympiade der Köche: Die fand jetzt zum zweiten Mal in Stuttgart statt, mehrere hundert Köche aus vielen Ländern der Welt beteiligen sich. Norwegen, Schweden und Dänemark hatten beim vergangenen Wettbewerb die ersten Plätze belegt. Gekocht wurde an allen Tagen in 17 speziell aufgebauten Küchen zum einen für die Jury, zum anderen aber für einen ganz normalen Restaurantbetrieb auf der Messe, für den jeder Gast sich ein Ticket ziehen konnte. Außerdem war am Sonntag zu einem besonderen Abend mit Menüs von sechs Kochteams geladen worden. Jeder Gast bekam ein Land „zugewiesen“, so dass es passieren konnte, dass an einem Tisch ein Gast Rotwild vom schottischen Team serviert bekam, ein anderer die gebratene Kalbslende vom Team Zypern, der dritte das Lamm aus der englischen Küche. Sieger in diesem Jahr wurde die Mannschaft aus Finnland, die Köche aus der Schweiz landeten auf Platz 2, auf Platz 3 kam Island. Deutschland belegte den neunten Platz.
Kleine Anekdote am Rande: Für die Koch-Olympiade hatte RAK Porcelain, ein Unternehmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, eine Sonderproduktion von rund 22.000 Porzellan- und 11.000 Besteckteilen vorbereitet. Das entsprechende Containerschiff war aber in der Nähe des Suezkanals blockiert. Hochseepiraten hatten nach Angaben der Messe die Durchfahrt extrem unsicher gemacht, und die Armada an Containerschiffen geriet erst ins Stocken und dann in eine anhaltende Blockade. Um zu garantieren, dass das Geschirr doch noch rechtzeitig eintreffen kann, habe man sich für eine neue Produktion entschieden. Das gesamte neue Equipment sei dann per Flugzeug nach Europa gebracht worden. Und so kamen rund 20 Tonnen Porzellan, Besteck und Gläser doch noch rechtzeitig für die Koch-Olympiade in Stuttgart an. Die Ware, die sich noch auf dem Schiff befindet, soll regulär verkauft werden.
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