Star-Chef Norbert Niederkofler eröffnet sein erstes eigenes Restaurant, Hans Fink und Otto Geisel waren dort.
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TEXT Otto Geisel | FOTOS Gault&Millau Deutschland
Der Platz
Das „Atelier Moessmer Norbert Niederkofler“ in Bruneck ist ein architektonisches Gesamtkunstwerk, welches genauso in einem Stadtpark von Paris stehen könnte und somit in der Metropole des Pustertals, als fünftgrößte Stadt Südtirols mit gerade rund 17.000 Einwohnern, doch überrascht.
Norbert Niederkofler hat hier allerdings seine Wurzeln und schon beim Betreten der sensibelst renovierten Stoff-Fabrikantenvilla Moessmer aus dem 19. Jahrhundert wird mittels Türklingel dem Gast unmissverständlich das Gefühl vermittelt, dass man hier beim Küchen-Philosoph Norbert Niederkofler persönlich zuhause zu Besuch ist.
Dieser Idee konsequent folgend präsentiert sich im Interieur eine großzügige Gastgeberkultur mit elegantem Aperitif-Bereich, ein „Chefs-Table“ als Hochtisch in der Bibliothek, ein intimes Salon-Restaurant mit historischer Kassettendecke und einer in der Anmutung asiatisch inspirierten „Open Kitchen“ mit Rundherum-Verglasung und dreiseitiger Tresen-Einfassung.
Die Verbindung zur historischen Stoff-Fabrik Moessmer wird in allen Facetten gelebt, von der akustisch sinnvollen Wandbespannung in den Gasträumen, als rutschhemmendes Band um die Wasserkaraffe bis hin zur Maßkonfektion des Service-Teams.
Das Menu
Dass die „Cook the Mountain“-Geschichte weitergeschrieben wird, war das Abschiedsversprechen im Restaurant St. Hubertus in Sankt Kassian, Ende März. Und folgerichtig geht es hier jetzt – lediglich platzversetzt und drei Monate später – weiter. Hocharomatische Amuse Bouches mit Graukäse-Zitat als finessenreich komponierte Einstimmung in die alpine Genuss-Welt, Niederkofler-Klassiker wie die Rote Bete Gnocchi, oder punktgenau gegarter, hellfarbener Saibling vom Holzkohlegrill mit würzig-knuspriger Haut.
Allesamt kulinarische Highlights, die schon das St. Hubertus in Sankt Kassian zur Pilgerstätte einer neuen Esskultur gemacht hatten. Gespannt dürfen wir sein, wie sich das Konzept nun über vier gegenüber bisher zwei Jahreszeiten vervielfältigen wird.
Kongenial, Lukas Gerges
Zur herausragenden Küche gehört auch ein herausragender Gastgeber und den hat Norbert Niederkofler mit dem Nordtiroler Lukas Gerges, als große Wein-Koryphäe in Personalunion auch noch Chef-Sommelier, an seiner Seite. Lukas ist der beste Interpret und Geschichtenerzähler zu den subtilen Küchenkreationen, die ohne seine Erläuterungen nicht denselben Glanz hätten.
Sein Wissen sowie sein sprachliches Talent scheinen unbegrenzt zu sein, schon mit den ersten Worten weiß er seine Gäste in den Bann zu ziehen und mit einer schlafwandlerischen Sicherheit zaubert er gereifte Gewächse aus dem Weinkeller, die zu der sehr anspruchsvollen, nicht immer leicht zu kombinierenden Küche von Norbert Niederkofler wirklich zu begeistern wissen.
Die Zukunft der Spitzen-Gastronomie
Norbert Niederkofler:„Schwierige und komplizierte Situationen wie wir sie in den letzten Jahren erlebt haben, bringen für mich auch immer große Möglichkeiten mit sich, Dinge und Projekte neu auszulegen, neu zu gestalten und unser Handeln zu überdenken. Das heißt wir bewegen uns in einem stetigen Wandel und lernen jeden Tag etwas Neues dazu.
Dies beinhaltet für mich das generelle Überdenken unseres Berufsbildes in der Gastronomie. Der Beruf eines Kochs oder Kellners soll wieder attraktiv für die junge Generation werden, dafür müssen wir uns auch nachhaltig für Mitarbeiter einsetzen, d.h. faire Arbeitszeiten, gesicherte Verträge und aktive Einbindung in Konzepte.
Dementsprechend wird nachhaltiges Handeln in der Gastronomie in Zukunft nicht nur mit der Karotte aus dem eigenen Garten zu tun haben, sondern vor allem auch wie zum Beispiel der Anbau von Lebensmitteln gehandhabt wird unter Berücksichtigung der Jahreszeiten oder wie wir saubere und natürliche Energie produzieren können, mit der wir unser Restaurant oder Hotel betreiben wollen. Außerdem finde ich die Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Technik in unserem Bereich extrem spannend, da beide Seiten etwas voneinander lernen können, deshalb ist auch unser Bachelor in Gastronomie und Önologie in Bergregionen an der Universität in Bozen so wichtig.
Für mich ist es spannend und faszinierend zu sehen, wie junge Menschen einen völlig neuen und frischen Zugang zu gewissen Dingen haben und Prozesse in Frage stellen, deshalb wird meine Aufgabe in Zukunft sein, junge Menschen zu fördern und ihnen eine Plattform zu bieten, wo sie sich persönlich und auch professionell entwickeln können.“