Die besten Erzeuger Deutschlands: Hoflädchen Ochsenschläger
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TEXT Nick Pulina | FOTOS Hoflädchen Ochsenschläger
Wo der Spreewald seine Gurke hat, die Heide ihre Schnucke und das Rheinland sein Zuckerrübenkraut, hat nun auch das Hessische Ried ein eigens nach ihm benanntes Produkt: den Riedgockel. Zwar werden die Tiere nicht in der südhessischen Landschaft gezüchtet, doch hier, genauer gesagt in Biblis-Wattenheim, wachsen sie auf und ebenda werden sie schließlich auch geschlachtet. Dafür, dass all dies unter den bestmöglichen Bedingungen geschieht, stehen Siegbert und Dagmar Ochsenschläger mit ihrem Namen. Die Qualität ihres Riedgockels gibt ihnen recht. Für uns zählen sie zu den besten Erzeugern Deutschlands.
Wenn um halb sechs Uhr morgens der Wecker neben Dagmar Ochsenschlägers Bett klingelt, würde ein sorgloses Umdrehen und Weiterschlafen nicht zu Protesten von einem Arbeitgeber führen, sondern gleich hundertfache Entrüstung nach sich ziehen. Die über eintausend Tiere, die die Ochsenschlägers auf ihrem Hof in der Nähe des südhessischen Biblis versorgen und großziehen, warten schließlich schon auf ihr Frühstück. Zusätzlich zu den Berkshire-Schweinen sind es hauptsächlich die braun gefiederten Hühner und Hähne, um die sich Tag für Tag gekümmert werden muss. Die Qualität ihres Fleisches ist es auch, die das Hoflädchen Ochsenschläger zu einem der beliebtesten Geflügelproduzenten in der deutschen Spitzengastronomie gemacht hat.
Und dabei klingen die Grundvoraussetzungen, die dafür nötig waren, gar nicht so komplex: Zeit, Auslauf und gutes Futter. „Gut Ding braucht nun mal Weile“, sagt Dagmar Ochsenschläger. „Unsere Riedgockel – ein von uns eingetragener und herkunftsgeschützter Name – haben mit mindestens 90 Tagen weit mehr Zeit zum Aufwachsen als viele andere Hühner, vor allem in der industriellen Landwirtschaft. In Verbindung mit dem Auslauf, den wir ihnen gewähren können, gibt das neben glücklicheren Tieren auch ein schönes festes Muskelfleisch.“ Zudem spielt die Fütterung der Vögel eine wichtigere Rolle, weiß sie zu berichten. Abgesehen von dem, was sie auf den Wiesen rund um ihre Ställe alles an Gräsern und Würmern aufpicken, bekommen die Tiere eine Futtermischung aus Soja, Mais und anderen Getreidesorten, die allesamt aus eigenem Anbau stammen.
„Bei uns kommt alles aus einer Hand“, betont die Hausherrin. „Von der Fütterung über die Aufzucht bis zur Schlachtung findet alles bei uns auf dem Hof statt.“ Die Tötung der Tiere nimmt Siegbert Ochsenschläger zusammen mit einem kleinen Team selbst vor. Um die 100 Gockel sind das in der Woche, die mit einem Schlachtgewicht von rund 1,6 kg bis 1,8 kg schonend ihrem Ende zugeführt werden. Sowohl Männchen als auch Weibchen werden von den Ochsenschlägers gleichermaßen aufgezogen, erstere nur etwas früher geschlachtet. „Und nein, am Fleisch merkt man keinen Unterschied!“, sagt Dagmar Ochsenschläger mit einem Lachen in der Stimme, das ahnen lässt, wie oft sie diese Frage schon gestellt bekommen hat.
Der einzige Schritt im Lebenszyklus eines Riedgockels, der nicht auf dem Ochsenschläger-Hof durchgeführt wird, ist dessen Geburt: „Das würde sich einfach nicht lohnen. Unsere Eintagsküken holen wir alle paar Wochen aus Frankreich, jeweils zirka 800 Stück. So haben wir immer 800 Küken in einem Stall, in einem anderen 800 aufwachsende Tiere und dann noch einmal 800, die zum Schlachten bereit sind. Wir arbeiten ausschließlich mit langsam aufwachsenden, französischen Rassen, und klar, Frankreich klingt jetzt weit weg, aber man muss ja auch überlegen, wo wir wohnen. Da ist es weitaus schneller und effektiver, zu unserem Züchter kurz hinter der Grenze zu fahren, mit dem wir seit Jahren eine sehr gute und vertrauensvolle Kooperation haben, als das alles selbst zu machen.“
Dass sich die hofeigenen Produkte einmal auf den Speisekarten zahlreicher deutscher Haubenrestaurants wiederfinden würden, war für das Ehepaar Ochsenschläger so nicht immer abzusehen. „Wir führen den Hof in neunter Generation. Hier wurde schon immer Landwirtschaft betrieben, allerdings eher mit Fokus auf Milchvieh und Ackerbau. Als Anfang der Neunziger dann ein Golfplatz bei uns in der Nähe gebaut wurde, hat mein Mann angefangen, dort als Greenkeeper zu arbeiten, den Hof haben wir dann mit weniger Kühen im Nebenerwerb geführt. Auf Dauer macht das aber einfach nicht glücklich. Also hieß es für uns: Back to the roots. Wir wollten wirklich gute Lebensmittel auf hohem Niveau produzieren. Und da wir mit unseren 35 Hektar Ackerfläche gucken mussten, was nicht allzu viel Platz braucht und gut zu uns passt, haben wir uns fürs Geflügel entschieden.“
Dafür, dass sie ihre Tiere und deren Fleisch mit höchster Sorgfalt behandeln und nur allerbeste Qualität bereitstellen, stehen die Ochsenschlägers persönlich ein. Sie engagieren sich unter anderem für SlowFood-Deutschland und den Verein ‚genial regional‘. Eine Bio-Zertifizierung kommt für sie allerdings nicht infrage: „Das sind einfach zu viele Auflagen dafür, dass wir nicht wirklich etwas davon hätten. Wir machen ja ohnehin schon alles so ökologisch wie möglich, was sollten wir denn sonst noch machen? Das kostet uns nur Geld, das wir besser in unsere Produktion investieren können. Unsere Produkte liegen in keinem Supermarkt, wo die Siegel vielleicht etwas bewirken könnten, unsere Kunden kennen uns und wissen ganz genau, wie wir arbeiten.“
Und gering ist der Kundenstamm des Hoflädchens keineswegs. Ein besonderes Schmankerl für Interessierte in der Region: die Soziale Landwirtschaft, kurz SOLAWI. Durch die monatliche Zahlung eines überschaubaren Geldbetrags können die Mitglieder jede Woche an einer von mehreren Abholstellen tagesfrisch geerntetes Obst und Gemüse sowie Eier, Salate und Kräuter abholen. „Da sind sogar einige Köche dabei, die dann jede Woche aus unseren Produkten spontan neue Gerichte auf ihre Karte setzen“, sagt Dagmar Ochsenschläger mit einem zufriedenen Lächeln. Wer noch einen Schritt weitergehen will, darf auch gern mit anpacken im Hof und so direkten Einblick gewinnen, wie und wo die Dinge wachen, die man sich wöchentlich abholen kann. Was man dabei bekommt, ist übrigens eine Überraschung. Die hohe Qualität der Produkte jedoch bleibt immer kompromisslos gleich.