Küchenchefin Diana Burkel über Frauen in der Gastronomie, familienunfreundliche Arbeitszeiten und die Frage, ob es speziell weibliche Menüs gibt
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TEXT & INTERVIEW Arno Makowsky | FOTO Eric Chmil
Diana Burkel ist seit 2006 Küchenchefin im Nürnberger „Würzhaus“ (zwei Hauben), bei dem die Gault&Millau-Testerinnen und -Tester die „willkommen unkonventionelle Küche“ lobten. Eine temperamentvolle Köchin, der man im Interview ihre fränkische Herkunft anhört.
Frau Burkel, die Spitzengastronomie gilt als schwieriges Terrain für Frauen. Wie sind Ihre persönlichen Erfahrungen?
In meiner Lehre gab es Chefs, die sich bei den Lehrmädchen nicht mal die Mühe gemacht haben, nach dem Namen zu fragen. Die wurden alle gleich benannt. Ich habe erst viel später kapiert, wie respektlos das war. Damals wollte ich mich einfach nur durchbeißen. Ich hatte später aber auch viele tolle Chefs, bei denen überhaupt keine Vorurteile gegen Frauen in der Gastronomie zu spüren waren.
Mit welchen Problemen haben Köchinnen denn zu kämpfen?
Es gibt in vielen Küchen Leute, die ihre Emotionen nicht im Griff haben. Damit kommen gerade junge Frauen oft nicht zurecht. Die fragen sich irgendwann: Warum soll ich mir das antun? Viele schmeißen dann einfach hin, auch viele der Mädels, mit denen ich vor 20 Jahren in der Berufsschule war.
Was hat sich seitdem verändert?
Zumindest ist es heute nicht mehr problematisch, wenn ein bekannter Koch sagt: Meine Souschefin ist eine Frau. Das gibt es mittlerweile oft, und immer öfter treten diese Frauen dann auch in die erste Reihe. In der Zeit, als ich den Beruf gelernt habe, gab es das so gut wie gar nicht. Da hat sich vieles zum Positiven verändert. Küchenchefinnen wie Douce Steiner und Lea Linster sind hier absolute Vorbilder.
In der Spitzengastronomie sind die Arbeitszeiten eher familienunfreundlich. Ein Nachteil gerade für Frauen?
Ja, das kann schon entscheidend sein bei der Frage, welcher Job in Frage kommt. Bei uns hier im Würzhaus ist es so, dass wir nur noch vier Tage in Vollzeit arbeiten. Das entzerrt alles komplett, wenn man drei Tage zuhause sein kann. Ich habe selbst Kinder und sehe, dass man so alles leichter händeln kann. Mittlerweile sehen viele Chefs in der Gastronomie, dass sie ihre guten Leute nur noch mit solchen familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen halten können. Das betrifft Männer ja genauso wie Frauen. Beruf und Familie müssen vereinbar sein. Mein Kollege in der Küche ist gerade Vater geworden, der hat jetzt drei Wochen Urlaub und geht danach in Elternzeit. Das ist hier selbstverständlich.
Wie viele Frauen arbeiten bei Ihnen?
Im Service haben wir zwei Frauen und zwei Männer, in der Küche bin ich die einzige Frau. Das liegt auch daran, dass die Leute bei uns in der Regel sehr lange bleiben, es wird nur selten eine neue Stelle frei. Wenn dann die richtige Bewerberin kommen würde, fände ich das natürlich spitze.
Was müsste sich in der Top-Gastronomie abgesehen von mehr Familienfreundlichkeit sonst noch ändern, damit mehr Frauen dort arbeiten?
Es geht um das Klima und das Verhalten, das Frauen in der Küche begegnet. Wobei ein rauer Ton nicht nur in der Gastronomie herrscht, sondern in jeder Branche mit hohem Testosteron-Level. Eine Frau, die in einer Autowerkstatt arbeitet, muss sich sicher auch gelegentlich einen blöden Spruch anhören. In einem Laden voller Weiber ist es übrigens auch nicht besser. Dagegen kann man wenig tun.
Wie sieht es mit dem weiblichen Nachwuchs aus?
Viele junge Frauen, die sich für den Beruf interessieren, finden es seltsam, dass dafür auch ein Hauptschulabschluss reicht. Für jemanden, der vielleicht schon studiert hat, ist das demotivierend. Die IHK müsste mehr berücksichtigen, wie viel Verstand und Intelligenz dieser Beruf erfordert. Neun Schuljahre reichen nicht aus. Vielleicht für den Gasthof „Grauer Schnürsenkel“, in dem nur Schweinebraten und Klöße gekocht werden. Aber um einen Betrieb zu führen, der nachhaltig mit vielen kleinen Erzeugern arbeitet und auch selbst ausbildet, ist ein gewisser Intellekt wichtig. Man müsste auch viel mehr herausstellen, dass man in diesem Beruf überall auf der Welt arbeiten kann. Wo gibt es das denn sonst? Eine Überlegung wäre auch, in der Ausbildung zu differenzieren zwischen der normalen Gastronomie und den Betrieben, die einen Schritt weiter gehen. Was ich sagen will: Die Qualität der Ausbildung muss sich verbessern. Dann bekommt man auch mehr Frauen.
Haben Frauen spezifische Fähigkeiten, die in einer Küche von Vorteil sind?
Ja, etwas sehr wichtiges, nämlich Empathie. Ich begleite alle meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch in privaten Dingen. Ich nehme mir die Zeit, zuzuhören. Dann stehen wir auch mal beim Feierabendbier zusammen und ich frage: Wie läuft’s denn mit der Freundin? Ich höre immer wieder, dass so etwas nur wenige männliche Chefs machen.
Was meinen Sie, merkt man einem Menü an, ob es eine Frau entworfen hat?
Schwierige Frage. Ich denke schon, dass manche Kolleginnen eine eindeutig weibliche Handschrift haben. Wenn ich mir zum Beispiel den Teller der französischen Köchin Anne-Sophie Pic anschaue – das ist alles sehr filigran, zart, fast durchsichtig. Auf mich trifft das aber nicht zu. Ich bin keine Köchin der leisen Töne, sondern gehe geschmacklich eher in die Vollen. Ich glaube auch nicht, dass eine Menügestaltung mit dem Geschlecht zusammenhängt. Es ist eher eine Frage der Persönlichkeit und des eigenen Stils.
Wie sieht Ihr Stil denn aus?
Ich koche, wie ich bin (lacht). Also mit viel Temperament. Früher war ich ungestümer, heute weiß ich, was ich will. Es ist eine regional geprägte, moderne Küche. Ich mag Vielschichtigkeit und wenn es ein bisschen scheppert. Essen soll Spaß machen.
Und wie lassen Sie es scheppern?
Das können Kleinigkeiten sein. Im Moment machen wir zum Beispiel einen gedämpften Skrei mit einer Crumble aus Quinoa, frisch geröstetem Meerrettich, Schnittlauch und gebackenen Zwiebeln. Da knallt es im Mund an allen Ecken und Enden!
Restaurant Würzhaus
Kirchenweg 3a
90419 Nürnberg