Angela Inselkammer ist die Präsidentin des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA. Mit ihrer Familie führt sie in Aying bei München einen Brauereigasthof und das Restaurant „August und Maria” (vom Gault&Millau Restaurantguide 2021 empfohlen). Wie drastisch die Situation im Moment ist, schildert Angela Inselkammer im Gespräch mit Gault&Millau.
Man sieht derzeit überall Menschen mit Rucksäcken, die Picknick machen. Werden viele auch nach einem Ende der Pandemie bei der neuentdeckten Selbstversorgung bleiben?
Ganz im Gegenteil! Umfragen zeigen, dass über 80 Prozent der Deutschen den Besuch im Restaurant sehr vermissen. Die Menschen sind unheimlich froh, wenn sie irgendwann wieder umsorgt und bedient werden. Wenn man der Corona-Krise überhaupt etwas Positives abgewinnen kann, dann die Erkenntnis der Leute, welch hohen Stellenwert die Gastronomie und Hotellerie in ihrem Leben haben.
Wieviel Prozent der Hoteliers und Gastronomen werden Ihrer Einschätzung nach die Corona-Zäsur nicht überleben?
Die Umfragen sind dramatisch. Ein Viertel der Betriebe sagt, sie werden nicht mehr aufmachen. Ob das tatsächlich so kommt, wird sich zeigen. Ich glaube doch an das bayerische und deutsche Unternehmertum. Gerade in der Hotellerie und Gastronomie sind unheimlich viele Idealisten am Werk. Die werden schon einen Weg finden, dass es weitergeht. Aber mit ganz, ganz schlimmen Opfern.
Finden Sie die derzeitigen Einschränkungen verhältnismäßig?
Es ist meiner Meinung nach nicht verhältnismäßig, dass man in der Produktion, im Handwerk auf Baustellen und in Großraumbüros arbeiten darf und bei uns nicht. Im November letzten Jahres, als wir wieder schließen mussten, haben wir ein sogenanntes „Sonderopfer” bringen müssen. Wir wurden geschlossen, damit die Industrie weiterarbeiten konnte. Aber dieser „Lockdown light” ist ja nicht so richtig gelungen. Wir dümpeln nun seit Monaten dahin.
Sehen Sie denn einen Hoffnungschimmer?
Die Stimmung in der Hotellerie und Gastronomie ist verzweifelt, sehr verzweifelt. Es gibt ja überhaupt keine Perspektive. Und wenn beispielsweise ein Hotel über Monate nicht betrieben wird, ist das Gift für das Haus.
Werden die Hotels hierzulande irgendwann sogar davon profitieren, dass die Deutschen im Moment den Urlaub im eigenen Land wiederentdecken?
Das haben wir ja erlebt, als wir im letzten Jahr ein paar Monate öffnen durften. Wir hatten in unserem Hotel in Aying eine ganz neue Klientel, Menschen aus Norddeutschland, die zu uns zum Urlaub machen gekommen sind. Ich glaube, unsere Branche wird davon profitieren, weil die Menschen gesehen haben, wie schön es im eigenen Land ist.
Interview: Martin Fraas
Foto: Angela Inselkammer