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TEXT Nick Pulina | FOTOS Jordan Olivenöl
Bastian Jordan produziert ein Olivenöl voller Harmonie, das Spitzenköche wie Jean-Claude Bourgeuil und Jörg Sackmann begeistert. Vor 50 Jahren gründeten seine Großeltern den Familienbetrieb auf der griechischen Insel Lesbos. Eine Geschichte aus dem neuen Henris-Magazin.
AlsThomas und Doris Kerner an der südlichen Küste von Lesbos ankommen, gehören sie zu den ersten Touristen in dieser Gegend. Es sind die 1970er-Jahre, die Straßen in dem kleinen Ort Plagia sind noch unbefestigt, das erste Hotel ist gerade eröffnet worden. Ganze vier Stunden waren sie vom Flughafen bis hierhin unterwegs. Warum es gerade dieser Ort sein soll, das wird den Kerners mit jedem Kilometer auf dem staubigen Schotterweg schleierhafter. Doch die Strapazen der Reise haben sich gelohnt; umgeben von hunderten Olivenbäumen wandert ihr Blick über die imposanten Hügelketten. Grün und Braun, wohin das Auge reicht; hinter einer Erhebung lässt sich das Blau des nahegelegenen Meeres erkennen, Salz liegt in der Luft. So fühlt sich kein Urlaub an, das hier ist weit mehr, es ist Zuhause.
Hier, auf Lesbos, fand das Ehepaar Kerner damals seine Wahlheimat und legte den Grundstein für ein Unternehmen, das heute Genießerinnen und Genießer in ganz Deutschland schätzen: Jordan Olivenöl.
Kein Strom, kein Telefon, aber 100 Olivenbäume
„Meine Großeltern haben sich damals in die gesamte Situation verliebt“, berichtet Bastian Jordan, Enkel der Kerners und Geschäftsführer von Jordan Olivenöl. „Bis Ende der 1980er hatten sie Griechisch gelernt und viele Freunde auf der Insel gefunden. Dann stand die Frage im Raum: „Wenn wir sowieso mehrmals im Jahr hierherkommen, warum bleiben wir nicht einfach ganz?“ Und so kam es schließlich auch. Auf den Erwerb eines Grundstücks, auf dem es zwar keinen Strom und keine Telefonleitungen, aber dafür knapp 100 Olivenbäume gab, folgten der Bau eines Hauses und schließlich die Umsiedlung nach Griechenland.
Feta, Käse und Olivenöl
Lesbos liegt am Rande der Nördlichen Ägäis, nur wenige Kilometer entfernt vom türkischen Festland. Hier besang die antike Dichterin Sappho ihre Liebe zu den Frauen, und etwa seit dieser Zeit bauen die Einheimischen Oliven auf der Insel an. Es ist – neben der Produktion von Feta-Käse und Ouzo – das wichtigste landwirtschaftliche Standbein. Dementsprechend tief verwurzelt sind nicht nur die über elf Millionen Olivenbäume der Insel, sondern auch der Umgang mit ihnen. So gut wie jede der 19.000 Kleinbauernfamilien verfügt über eigene Bäume. Großgrundbesitzer gibt es keine, alles ist seit Generationen verteilt und wird innerhalb der Familien weitervererbt.
Schwindel mit vermeintlich italienischem Öl
„Wie viele andere Familien auf Lesbos hat mein Großvater seine Oliven zu Beginn rein für den Eigenbedarf geerntet und verarbeitet“, erzählt Bastian Jordan. „Das blieb auch so, bis er in den 1990ern in einer Kolumne der Süddeutschen Zeitung etwas über den Schwindel mit vermeintlich italienischem Olivenöl gelesen hatte.“ Statt wie italienische Betriebe mit professionellem Marketing einen erfolgreichen Vertrieb aufzubauen, machten ein paar windige griechische Unternehmen damals Geschäfte mit falsch deklariertem Öl. „Die griechischen Öle, auch die aus Lesbos, hatten keine Identität auf dem internationalen Markt“, sagt Jordan. „Da lag der Gedanke nahe, das zu ändern und sie selbst zu vermarkten.“
Seitdem hat viel Olivenöl die Mühlen durchlaufen. Aus den einstigen 100 Bäumen sind nunmehr knapp 1.000 geworden, verarbeitet werden sogar die Oliven von rund 70.000 Pflanzen. Das funktioniert durch ein ausgeklügeltes System, das dem einer Winzergenossenschaft nicht unähnlich ist: „Alles, was wir verlangen, ist die Einhaltung unserer Qualitätsstandards. Die Bauern sollen ihre Bäume und Böden pflegen, keine Pestizide nutzen und zu einem von uns festgelegten Zeitpunkt ernten und anliefern. Im Gegenzug bieten wir ihnen einen Festpreis und die garantierte Abnahme ihrer Oliven. Wenn man bedenkt, wie stark die Olivenpreise zuvor geschwankt haben, ist das ein wirklich guter Deal für alle.“
„Das Öl braucht seine Zeit“
Sind die Oliven – allesamt von den Sorten Kolovi und Adramitiani – angeliefert, muss die Verarbeitung ohne großes Zögern beginnen; bei zu langer Lagerung der Früchte können Druckstellen entstehen und die Ernte kann verderben. Nach der Reinigung der Oliven werden diese mithilfe einer Maschine zu einem feinen Brei zerkleinert. Diese Masse aus zerdrückten Kernen und Fruchtfleisch wird im Anschluss für 30 Minuten bei 18-27 °C in einem Kneter bearbeitet, um die Enzyme aus den Oliven freizusetzen. Mithilfe eines Dekanters werden dann flüssige und feste Bestandteile der Maische voneinander getrennt und die Flüssigkeit schließlich in einer vertikalen Zentrifuge in Wasser und Öl aufgeteilt. „Ganz fertig ist das Öl jetzt aber noch nicht“, merkt Jordan an. „Es muss nun noch einen bis drei Monate lang reifen. Die Phenole im Öl sind sonst viel zu präsent, es schmeckt bitter, unruhig und fast grasig. Das Öl braucht seine Zeit, bis es die perfekte Balance erreicht hat.“
Schärfe, Süße und florale Noten
Trotz seiner duftigen Nase ist das Öl am Gaumen nicht zu fruchtig, trotz seiner ausgeprägten Phenolik ist es nicht zu sperrig. Das Öl hat Schärfe und Süße, ebenso herbe wie florale Noten und ist im besten Sinne „everybody’s darling“. Jean-Claude Bourgeuil verwendete es im Düsseldorfer Schiffchen, Stefan Steinheuer arbeitet damit in seiner Küche, und Jörg Sackmann verewigte es in seinen Kochbüchern. „Dass in manchen Rezepten von Jörg Sackmann explizit ‚Jordan Olivenöl‘ statt ‚Olivenöl‘ steht, ist mir erst aufgefallen, als ich ihn einmal besucht und dabei durch einige seiner Bücher geblättert habe. Das hat er mir gar nicht erzählt. Über diese große Ehre bin ich einfach so gestolpert“, lacht Bastian Jordan.
„Ich bin immer umgeben von Olivenöl“
Überhaupt lacht er viel, der 43-jährige Familienvater aus Lesbos und Hilden. Zwar könne er aufgrund der Schulpflicht seiner Kinder nicht mehr so viel Zeit auf der Insel verbringen, wie er es sich wünschen würde, aber die Ferien würden immer fleißig dafür genutzt. Er hat ein Strahlen in den Augen, wenn er von der Geschichte seiner inzwischen verstorbenen Großeltern spricht, über seine Eltern und den eigenen Lebensweg. Hier geht es um mehr als Wirtschaftlichkeit; Bastian Jordans Leidenschaft für seinen Beruf spricht aus jedem Wort, aus jeder Geste. Wann er zum letzten Mal von Olivenöl geträumt habe, möchten wir von ihm wissen: „Das kommt ein paarmal in der Woche vor. Ich bin immer umgeben von Olivenöl. Wenn ich mich gerade nicht mit meinem eigenen Produkt befasse, verkoste ich Öle für unterschiedliche Gremien. Das ist meine Welt, mit allen Höhen und Tiefen. Es ist etwas Wunderschönes, das unheimlich viel Spaß macht.“
Kontakt Jordan Olivenöl: www.jordanolivenoel.de