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TEXT Nick Pulina | FOTO birdyfoto
Die Zukunftsaussichten der Gastronomie in Deutschland sind ausgezeichnet – quer durchs Land arbeiten junge, hochtalentierte Köchinnen und Köche daran, unsere Restaurantlandschaft noch bunter, vielfältiger, spannender zu machen. In unserer Rubrik ‚Next Generation’ stellen wir Talente vor, denen wir einen prägenden Einfluss, eine Vorreiterrolle zutrauen. Eines von ihnen ist Alina Jakobsmeier. Als Chef-Patissière und Küchenchefin im Restaurant PARS in Berlin-Charlottenburg (zwei Hauben schwarz) zeigt sie ein beeindruckendes Spektrum von technischer Substanz und eigener Handschrift – sensibel, sorgfältig in allen Details steht sie für eine moderne, prägnante Regionalküche, die mit intuitiver Genauigkeit alles weglässt, was nebensächlich ist. Wir sprechen mit ihr über ihren Weg von Hamburg über Köln und Wien bis nach Berlin, die Vorteile einer regionalen Küche und die motivierende Kraft des Frühlings.
Mit welchen Worten stellen wir dich am treffendsten vor?
Ich denke, ich bin in allen Lebensbereichen sehr intuitiv und feinfühlig, ein bisschen albern, aber ehrgeizig, präzise und wahrscheinlich eher leise als laut.
Wie wird man von der Konditormeisterin zur Küchenchefin?
Ich war einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Aktiv angestrebt habe ich das gar nicht, es ist einfach passiert. Während der Pandemie habe ich bei Kristiane Kegelmann…
…der Gründerin und Inhaberin vom PARS…
…angefangen, damals noch in der Pralinenherstellung. Das waren natürlich insgesamt sehr herausfordernde Zeiten für die Gastronomie. Wir mussten immer wieder sehr flexibel auf die Lage reagieren. So kam es auch, dass ich ein paar Mal probiert habe, für Events zu kochen – und dabei haben wir gemerkt, dass ich das eigentlich ganz gut kann.
Kennengelernt habe ich Kristiane vor einigen Jahren bei Demel in Wien. Ich war dort im Praktikum und sie hat den Dekorposten geleitet. Da sind wir uns einfach aufgefallen, haben auch hin und wieder nach der Arbeit etwas unternommen und sind uns auch noch im Gedächtnis geblieben, als wir beide längst wieder aus Wien weggezogen waren. Das habe ich gemerkt, als ich mich 2020 auf ein Praktikum bei ihr beworben habe und sie noch immer wusste, wer ich bin. Mit dem Praktikum hat es zwar nicht geklappt, ein halbes Jahr später hat sie mich dafür aber angeschrieben, und gefragt, ob ich die Pralinenproduktion bei PARS Pralinen übernehmen möchte. Das war noch zu der Zeit, als es wirklichnoch beinahe ausschließlich genau darum ging: Pralinen. Das Restaurant wurde dann ja erst später eröffnet.
Wie hat es dich als Hamburgerin nach Berlin verschlagen?
Tatsächlich durch den Anruf von Kristiane. Meine Ausbildung habe ich im Herr Max gemacht, einer sehr modernen Hamburger Konditorei mit Cafébetrieb und Herstellung von Hochzeitstorten. Das war so eine Zeit, in der ich mich einfach ein bisschen ausprobieren wollte. Irgendwann hat mich dann aber doch der Ehrgeiz gepackt und ich und habe im Vier Jahreszeiten angefangen, habe kurz darauf in Köln meinen Meister gemacht, bin danach als Junior-Sous-Chefin zurück nach Hamburg ins Fontenay und war zu Beginn der Covid-Pandemie bei Herzig in Wien. Und dann ging es zu Kristiane nach Berlin.
Wie würdest du deinen Kochstil beschreiben?
Ich koche ziemlich puristisch und muss dadurch auch immer sehr präzise sein. Im Fokus steht diese absolute Klarheit, da habe ich auch schon einen Perfektionsanspruch. In meiner Küche ist aber immer auch eine gewisse Zärtlichkeit dabei. Mein Ziel ist es vielmehr, mit meinem Essen ein Wohlgefühl herzustellen als jemanden wachzurütteln. Ich spiele viel mit Kindheitsthemen und möchte einfach ein schönes Gefühl kreieren. Daher mag ich es auch so sehr, wenn die Gäste auch einmal etwas in die Hand nehmen und mit den Fingern essen müssen.
Welchen Stellenwert hat Regionalität für deine Arbeitsweise?
Sie hat einen hohen Stellenwert für mich. Einfach, weil ich es schön finde, wenn ein Produkt sehr gut schmeckt. Gerade Obst und Gemüse werden durch lange Wegstrecken ja nicht gerade besser. Die müssen noch unreif geerntet werden, weil sie sonst faul am Ziel ankommen. Da geht viel Aroma verloren. Regionalität und gute Qualität sorgen dafür, dass man auf das beste Produkt zurückgreifen kann. Und gerade dadurch, dass ich so reduziert arbeite, bin ich ja sehr auf ein tolles Produkt angewiesen. Aber geißeln tun wir uns da auch nicht. Wenn ich für einen Gang unbedingt Pistazien aus Sizilien brauche, dann bestelle ich sie mir auch.
Vermisst du manchmal die große Konditorei mit Zuckerwerk und Torten?
Ja, aber nur weil man in einer Küche weniger naschen kann. In einer Konditorei arbeiten würde ich nicht mehr, aber der ständige Zugang zu Kuchen fehlt mir schon manchmal (lacht).
Was treibt dich zurzeit besonders an?
Gerade hilft es mir total, dass die Sonne wieder scheint und dass so coole Sachen wie Spargel und Rhabarber wachsen. Der Frühling motiviert irgendwie von ganz allein.
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