10 Fragen an…Christian Bau

„Wir müssen aufhören zu jammern“

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INTERVIEW Ursula Macher | FOTOS Gault&Millau Deutschland

Das sagt Christian Bau, Jahrgang 1971, und Küchenchef im Restaurant Victor’s Fine Dining by Christian Bau in Perl-Nenning, Saarland. Bau wurde 2022 von Gault&Millau zu einem der drei besten Köche Deutschlands gekürt. Ein Gespräch über Vergangenheit und Zukunft, strenge Kriterien und gute Begegnungen.

Überall beklagt man sich über den Fachkräftemangel in der Gastronomie. Aus Ihrer Sicht: Warum will denn niemand mehr?

Das Problem haben ja nicht nur wir. Ich war zuletzt in Asien, im Nahen Osten, in New York und Skandinavien – überall ist es so. Ein Generationsthema. Handwerk, Dienstleistung – das sind Berufe, die junge Menschen heute weit weniger wollen als Abi, Studium und Gleitzeit.

Liegt es am Geld, am Stress, den Arbeitszeiten?

Am Geld kann es nicht liegen, das ist gut. Dazu kommt, dass man verpflegt wird, es gibt oft Personalwohnungen, sogar um die Wäsche muss sich keiner kümmern. Natürlich muss man in der Gastronomie auch mal abends oder am Wochenende ran – aber das müssen Polizisten oder Ärzte auch. Und viele Betriebe haben ja auch nicht durchgehend geöffnet. Ich habe schon 2019 auf eine 4-Tage-Woche umgestellt.

Was ist heute anders als damals?

Als ich noch Souschef bei Harald Wohlfahrt war, kam jemand vom Personalbüro einmal im Monat zu mir und hat mir 25-30 Bewerbungen vorgelegt, aus denen ich aussuchen konnte. Heute suchen sich die Bewerber aus, wo sie hinmöchten.

Sie sind seit 37 Jahren in dem Beruf …

… und für mich ist es nach wie vor der schönste der Welt. Du bist flexibel, hast jeden Tag mit Menschen zu tun, kannst heute in New York arbeiten und morgen in Hongkong. Und das in einem Team, das wie eine Familie ist. Für viele ist das eine Erfahrung, die sie nicht kennen. Ein Halt.

Klingt, als hätten Sie den Schritt nie bereut.

Keine Sekunde. Ganz im Gegenteil. Nachdem die Last von mir abgefallen ist, einen Ruf aufzubauen, bin ich frei im Kopf. Es macht mir immer mehr Spaß.

Weil Sie jetzt weniger am Herd stehen müssen?

Ich stehe zu 85 % meiner Zeit am Herd, filetiere meinen Fisch selbst, alles. Ich habe in den 24,5 Jahren, in denen ich hier bin, nicht einen Service in dem Haus verpasst.

Was ist anstrengender – nach oben zu kommen oder oben zu bleiben?

Für mich definitiv nach oben zu kommen.Ich war jung, als ich die Küche im SchlossBerg übernommen habe. Das war 1998,damals war ich bei Harald Wohlfahrt,einem der größten Köche Deutschlands,die rechte Hand. Dementsprechend groß war die Erwartungshaltung. Heute bin ich freier.

Auf dem Weg nach oben – wer hat Sie da besonders geprägt?

Bei Wohlfahrt habe ich die Perfektion und den Schliff bekommen. Aber bei Gutbert Fallert – er hatte 42 Jahre einen Michelin-Stern – hab ich das richtige Kochen gelernt. Und viel fürs Leben.

Zum Beispiel, wie man als Chef ist? Wie sind Sie denn als Chef?

Sehr geradlinig, offen für Lob und Kritik, streng, aber man bekommt auch alles von mir. Ehrlichkeit, Loyalität, Respekt und Demut sind mir wichtig – die Mitarbeiter wissen immer genau, woran sie an mir sind.

Letzte Frage: Würden Sie alles wieder so machen?

Zu 100%! Allerdings würde ich, basierend auf der Lebenserfahrung, die eine oder andere Entscheidung im Tagesgeschäft überdenken. Vor 20 Jahren war ich ein Hitzkopf in der Küche, der schnell laut werden konnte. Dafür schäme ich mich heute. Aber wie gesagt – das war eine andere Zeit.

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