10 Fragen an…Matteo Ferrantino

Ich war immer sicher, dass es funktioniert!“

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INTERVIEW Ursula Macher | FOTOS Helge Kirchberger / Schuber

Nicht immer hat die italienische Mamma das letzte Wort: Wäre es nämlich nach ihr gegangen, wäre Matteo Ferrantino jetzt nicht Spitzenkoch in Hamburg, sondern Elektriker im apulischen Gargano. Aufgewachsen in einer sehr gastronomischen Familie mit großem Bezug zum Essen, landete der heute 44-Jährige nach Stationen auf Mallorca (bei Eckart Witzigmann), in Salzburg (bei Eckart Witzigmann) und Portugal (bei Dieter Koschina) schlussendlich in Hamburg, wo er seit 2017 im „Bianc“ seine eigene Bühne hat. Und ab dem 5. Dezember auch sein eigenes Buch – eine Art kulinarische Biografie.

Wie ist sie denn entstanden, die Idee zum Buch?

Es war immer mein Traum, einmal ein Buch zu schreiben. Den hatte ich bereits als Kind und schon damals waren meine Gedanken beim Kochen. Letztendlich hat aber das letzte Buch von Eckart Witzigmann den Ausschlag gegeben. Er wollte 25 der besten Köche, mit denen er in seinem Leben gearbeitet hat, darin vorkommen lassen – und einer davon war ich. Irgendwann kamen ein Autor und ein Fotograf zu mir und haben mich gefragt, ob ich sowas nicht auch will. Ich wollte. Aber dann waren da plötzlich sehr viele Leute da, die mitgeredet haben. Einer wollte ein exklusives Buch, einer ein weniger exklusives. Einer ein kurzes, einer ein langes. Dann habe ich nur mehr gesagt: Basta, ich mache das Buch allein – so wie ich es will.

Und daraus ist jetzt „Simply&Sexy“ geworden, ein echter Brummer, mehr als drei Kilo schwer. Der Name steht für Ihre Küche, nehme ich doch an?

Ja, das ist meine Art der Küche – einfach, ohne viel zu erfinden. Es gibt Rezepte für daheim, aber auch welche für Kollegen. Insgesamt war es schon ordentlich viel Arbeit, das Buch zu machen. Zwölf Personen haben über ein Jahr daran gearbeitet, es gibt QR-Codes, die zu Videos der Geschichten führen.

Die da wären?

Das Buch ist meine Biografie und beginnt daheim in Apulien. Es zeigt die Philosophie der Küche dort, dazu sind pro Region immer drei Rezepte drei Menschen gewidmet. In Apulien beispielsweise unter anderem meinen Eltern, auf Mallorca Eckart Witzigmann oder Roland Trettl, in Salzburg Martin Klein oder in Portugal Dieter Koschina.

Nehmen wir Eckart Witzigmann her. Was verdanken Sie ihm?

Er hat mir die Türe geöffnet, wenn man so sagen will. Das Talent hatte ich schon immer, aber er hat mir zu verstehen gegeben, wie man auf höchstem Niveau kocht. Und mir auch den Respekt für die Produkte mitgegeben und die Inspiration. Ihm verdanke ich sehr viel, er war enorm wichtig für meine Entwicklung. Nach Mallorca ist er für ein Jahr nach Tokio und dann in den Hangar-7 nach Salzburg gegangen. Da hat er mich dann hingeholt. Und dort habe ich später Dieter Koschina kennengelernt.

Der Sie später wiederum nach Portugal geholt hat.

Genau, fünf Jahre war ich dort Sous-Chef, fünf Jahre Küchenchef, dort habe ich auch meine heutige Frau kennengelernt, eine Salzburgerin. Von Koschina habe ich den Umgang mit Geschmäckern gelernt, mit Saucen. Viel ohne Rezept, viel nach Gefühl.

Aber trotzdem war immer der Wunsch nach der eigenen Bühne da – deshalb Hamburg?

Das war auch so ein Traum, den ich immer gehabt habe. Man muss das ja auch so sehen: Ich hatte zu dem Zeitpunkt schon zwei Sterne erkocht – aber das waren nicht meine. Plötzlich kam ein langjähriger Kunde zu mir, ein Zahnarzt und großer Fan von gutem Essen und gutem Wein. Wir waren zu dem Zeitpunkt schon befreundet. Und er hat mich gefragt: Matteo, was willst Du? Ich meinte: Etwas Eigenes. Und er: Gut, dann mache ich Deinen Traum wahr. Eine Woche später bin ich nach Hamburg geflogen.

Ohne Angst?

Ohne Angst. Warum auch? Ich war immer sicher, dass es funktioniert. Und das tut es auch – das zeigt ja auch die Bewertung im Gault&Millau. Wir haben mit sieben Leuten begonnen, an fünf Tagen die Woche. Heute sind es 28 und wir haben nur vier Tage offen. So bleibt mehr Zeit für die Präzision.

Inzwischen hat Ihnen vermutlich auch Ihre Mutter verziehen, dass Sie nicht Elektriker geworden sind…

Das Problem war ja, dass meine Brüder schon alle Köche waren. Deshalb hat sie mich ja in die Gewerbeschule geschickt. Aber da bin ich, sagen wir mal so, nie wirklich angekommen. Nach zwei, drei Wochen bin ich einfach nicht mehr hin und als meine Mutter dann vor Weihnachten zur Sprechstunde gegangen ist, hat keiner der Lehrer gewusst, wer dieser Ferrantino ist, von dem sie spricht. Daheim hat es dann drei, vier Ohrfeigen gesetzt, aber dann war’s gut. Sie kannte meine Leidenschaft ja, ich habe zu der Zeit ja schon in den Ferien und am Wochenende in Pizzerien und Restaurants ausgeholfen.

Und was habe Sie von ihr gelernt?

Alles, einfach alles. Auch wenn ich moderner koche, geht nichts über ihre Pasta mit Tomatensauce und Ricotta. Das ist Heimat.

Und die gibt es auch, wenn Sie daheim kochen?

Da gibt es prinzipiell nur Pasta oder Pizza, also die sehr schnelle Küche, weil ich ja auch noch zwei Pferde habe, um die ich mich kümmern muss. Das ist auch so eine Leidenschaft, die mich seit der Kindheit begleitet – weil du beim Reiten vergisst, wer du bist.

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