Warum Kerzen für eine gelungene Einladung unverzichtbar sind und es am Tisch nicht zu dunkel sein darf. Patricia Riekel ist eine der renommiertesten Printjournalistinnen Deutschlands und gibt Tipps für Gastgeber und Gastgeberinnen für einen gelungenen Abend in Gesellschaft:
Schalten Sie als Gastgeber nie, wirklich nie eine Deckenbeleuchtung an. Nicht einmal den kostbaren Kronleuchter – außer in Notfällen. Deckenlampen versprühen den Charme einer Tatort-Beleuchtung und niemand sieht wirklich gut darunter aus. Es gibt kein ungünstigeres Licht als das von oben. Es wirft Schatten auf die Gesichter, lässt Augenringe groß werden, als wäre man ein Pandabär, und macht jeden so blass, dass man sich besorgt fragt, ob man aus Versehen auf einer Krankenstation gelandet ist.
Die Beleuchtung ist das Geheimnis eines gelungenen Abends. Wir brauchen das Spiel zwischen Licht und Dunkelheit, damit Stimmung und Atmosphäre entstehen. Das ist übrigens evolutionär bedingt, denn die Dunkelheit und das künstliche Licht läuten durch unsere innere Uhr das Ende der Alltagsverpflichtungen ein. Dem Körper wird der Beginn der Erholungsphase signalisiert. Soweit die Theorie. Ab jetzt wird es romantisch!
Ich beginne mit Kerzenlicht, denn im flackernden Licht wirkt jede Umgebung kostbar und geheimnisvoll. Kerzen sorgten schon immer in Schlössern und auf Burgen für festliches Ambiente. Und in verarmten Adelskreisen bedient man sich gerne des Kerzenlichts, in dem selbst leicht heruntergekommenes Mobiliar noch den Nimbus von Antiquitäten erhält. Glauben Sie mir: Auch eine kleine Wohnung wirkt im Kerzenschein größer und eleganter.
Aber sparen Sie nicht mit den Kerzen, vor allem nicht auf dem Tisch. Denn sonst geht es Ihnen wie mir bei einem Candlelight-Dinner für meine Freunde. Einer meiner ältesten Freunde zückte plötzlich eine Taschenlampe und beleuchtete damit seinen Teller. „Bei Dir ist es immer so düster“, murmelte er, „da weiß man nicht, was man serviert bekommt“. Klar, das war seine Inszenierung, das Gelächter groß, genauso wie meine Erkenntnis: Es darf geheimnisvoll sein, aber kein Rätsel, was auf den Teller kommt! So sehr ich übrigens für Duftkerzen schwärme, so sehr verbanne ich sie vom Esstisch. Wenn sich über den Duft von gebackenem Lammkarree ein Hauch von Rosen legt, irritiert das jeden Gourmet.
Wichtig sind Lichtinseln, damit sich die Gäste im Verlauf des Abends wie auf einer Bühne bewegen können. Manche suchen immer das Licht, wollen das Epizentrum des Geschehens sein. Andere operieren lieber aus dem Hintergrund, bevorzugen die Dunkelheit, geben sich zugeknöpft und geheimnisvoll. Früher waren es Maler wie William Turner, der in seinen Gemälden dem Licht eine nie zuvor gesehene Dramatik gab. Heute sind es Lichtdesigner, die sich immer neue Variationen einfallen lassen, um Räume in jede gewünschte Stimmung zu versetzen. Als Grundregel gilt: mindestens drei bis fünf Lichtquellen pro 20 Quadratmeter. Das erste LED-Licht war noch von gleißender Helligkeit, jetzt gibt es diese Leuchtmittel in vielen sanften Farbtönen, die genauso wie früher die alten Glühbirnen eine positive Grundstimmung verbreiten können.
Kerzen gibt es inzwischen auch künstlich, mit flackerndem Docht, aber das ist wie Weinflaschen mit Schraubverschluss. Zum Weingenuss gehört das Entkorken, zur Romantik der Kerzen der Duft nach Wachs. Die Verzauberung muss in allen Räumen zu spüren sein. Nicht, dass der Gast aus seiner Verzückung gerissen wird, wenn er aus dem sanft ausgeleuchteten Wohnzimmer in das grelle Dielenlicht tritt. Ein Fest soll immer und überall festlich leuchten.
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