Seit ihrer Kindheit verbindet Schauspielerin Iris Berben eine intensive Liebe zu Portugal, dem dortigen Lebensgefühl, den Weinen. Ein guter Grund, diese Beziehung im Gespräch mit Gault&Millau-Chefredakteurin Ursula Macher in den Mittelpunkt zu rücken. Mit ihr sprach Iris Berben über den Zauber der Sehnsucht und die Kunst, Genuss auch für sich selbst zu zelebrieren.
Gault&Millau: Frau Berben, kann Wein das Fernweh stillen?
Iris Berben: Ich habe manchmal das Gefühl, er verstärkt es eher. Mir fällt bei diesem Gedanken „Saudade“ ein, dieses wunderbare portugiesische Wort, das man nicht wirklich übersetzen kann, aber wenn man es müsste, so viel wie Sehnsucht bedeutet. Vielleicht liebe ich die portugiesischen Weine auch deshalb so, weil sie mich an dieses Gefühl erinnern, an diese ungestillte Sehnsucht, die aber keinen schalen Geschmack hinterlässt. Ich finde es schön, wenn man im Leben eine Sehnsucht hat, die man gar nicht genau benennen kann.
Insbesondere jene nach Portugal, zu dem Sie ja eine große Liebe verbindet. Warum?
Weil es ein Land ist, das mir viele Wünsche erfüllt, die ich ans Leben stelle. Ich bin ein sehr neugieriger Mensch und hier gibt es enorm viel zu entdecken. Und dann sind da noch die Menschen, die ich so mag. Diese sehr geraden Menschen, die so zurückhaltend sind, so bescheiden. Dem Portugiesen fehlt die Aggressivität, das ungestüme Selbstbewusstsein.
Ihre Mutter ist 1962 nach Portugal gegangen, Sie waren damals zwölf, Internatsschülerin und nur in den Ferien dort. Ich habe gelesen, dass Ihre damaligen Freundinnen meinten, Sie seien immer „komplett verändert“ zurückgekommen …
Dieser Eindruck ist vor allem deshalb entstanden, weil es speziell in den 60er-Jahren anders war, ins Ausland zu gehen, andere Lebensformen kennenzulernen. Deutschland war zu diesem Zeitpunkt ein verkrustetes Land, verengt und mit starren Strukturen. Portugal war damals schon anders, trotz Diktatur hatte es mehr Weite und ich habe dort erkannt, dass nicht alles so fest zementiert sein muss wie in Deutschland. Meine Mutter wollte immer den Aufbruch leben, und dafür bin ich ihr unendlich dankbar. Dafür, wie viel wir gereist sind. Wie viel ich von anderen Ländern gesehen habe.
Und sie hat auch dieses Haus gefunden, in dem Sie nun auch leben in Portugal.
Meine Mutter ist oft tagelang mit dem Auto durchs Land gefahren. Gucken, gucken, gucken. Anfang der 1980er-Jahre hat sie in diesem kleinen Dorf dieses große Stück Land gefunden. In einer Gegend, die so eigenwillig und stark von der Natur geprägt ist. Man sieht den Atlantik, das Sintragebirge, da gibt es nichts Liebliches. Auf dem Grund stand auch nur ein heruntergekommener Schafstall, umgeben von einer 200 Jahre alten Steinmauer, eine Quinta voll von Zitronen- und Apfelbäumen, Blumenwiesen. Ich habe sie für verrückt erklärt, aber sie hat es gekauft und zu ihrem Zuhause gemacht. Seit sie nicht mehr bei mir ist, ist es mein Zuhause geworden. Das liegt natürlich auch daran, wie ich dort leben kann.
In Anonymität?
Ach, ich bin ja schon so viele Jahre da und ja, ein Teil der Bewohner kennt meinen Beruf. Aber die gehen so entspannt damit um. Für mich ist das Leben dort Rückzug und auch Belohnung. Ich stehe morgens auf und hole mir von meinen Hühnern die Eier, ich grüße meine Schafe zweisprachig, ich habe einen ziemlich durchgeknallten Hasen, manchmal kleine Schlangen und vereinzelt Katzen, die auf der Suche nach Futter und Liebe sind. Und dann denke ich: Hach, Paradies.
Auf Wunsch von Iris Berben wurden im Rahmen des Interviews ausschließlich portugiesische Weine kredenzt. Hier die Auswahl von Gault & Millau.
- Graham’s Blend No. 5
- 2019 Magma DOC Biscoitos, Açores (Verdelho)
- 2020 Muros Antigos Alvarinho DOC Vinho Verde
- 2016 Quinta do Vesuvio Douro DOC
- 2020 Contacto Alvarinho DOC Vinho Verde
- 2014 Pera Manca
- Graham’s The Tawny Port
Das vollständige Interview mit Iris Berben lesen Sie im aktuellen Gault&Millau Magazin Nr. 03/21 – jetzt im Handel.
Das Interview führte Ursula Macher
Fotos von Joachim Baldauf
Vielen Dank an das Rutz, Berlin und an Smart-Wines Köln, www.smart-wines.de