Liebe Leserin, lieber Leser,
„Während der Corona-Lockdowns wurden wohl deutlich mehr Sauerteige angesetzt als Kinder gezeugt.“
Ein starker Satz, eine interessante These, unlängst niedergeschrieben von einem hochgeschätzten Kollegen und Gault&Millau-Autor, der sich dabei auf aktuelle Studien zum Thema bezieht. Und ehrlich – wer von uns hat ihn nicht im Freundes- oder Bekanntenkreis, den frischgebackenen Bäcker, der in regelmäßigen Abständen herrlich duftende Laibe aus dem Ofen und vor die Kamera holt, um via Social Media ordentlich Lob und Likes zu ernten.
Zugegeben, ich bin eine davon. Ein Lockdown-Spätstarter quasi. Weihnachten sei Dank. 2020 lag neben einem selbstgemachten Roggen-Sauerteig auch ein wunderbares Buch unter dem Christbaum, das gemeinhin als die Bibel unter den Brotbäckern gilt: „Der Duft von frischem Brot“. Autorin Barbara van Melle ist sozusagen mein Messias. Die Wienerin und ehemalige TV-Journalistin teilt ihre Leidenschaft sowohl in Workshops als auch auf einem Youtube-Channel ihres Unternehmens „Kruste & Krume“ mit einer immer größer werdenden Fangemeinde.
Mit uns sprach Barbara van Melle über den Hype rund ums Brot, die Rückkehr zum Handwerk und darüber, was Brot mit Wein zu tun hat.
Gault&Millau: Frau van Melle, wie erklären Sie sich den Brotback-Boom des letzten Jahres?
Van Melle: Wir haben ehrlicherweise schon vor der Pandemie gespürt, dass das Interesse wächst. Das Backen von Brot und die Hinwendung zu ehrlichen Produkten zeigt ein tiefes Bedürfnis der Menschen, sich wieder mit Dingen zu beschäftigen, zu denen sie den Bezug verloren haben.
Vor allem in Zeiten des Lockdowns.
Heute verbringt eine Vielzahl der Leute den Großteil ihrer Zeit in einer virtuellen Welt – und wenn sie am Abend den Laptop zuklappen, haben sie vielleicht noch eine To-Do-List im Kopf, aber nichts, das sie angreifen können. Wer Brot bäckt, muss sich aber intensiv mit dem Teig beschäftigen. Und die Leute haben oft das Gefühl, dass sie zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ein Produkt ihrer Arbeit in den Händen halten.
Was macht für Sie den Zauber aus?
Ich vergleiche Brot gern mit Wein, weil es da wie dort sehr viele Einflüsse gibt, die für unterschiedliche Geschmäcker sorgen. Wie beim Wein ist auch beim Getreide Terroir, Sorte, Jahrgang ein wesentlicher Faktor, der über die Qualität des Brots entscheidet. Nicht aus jedem Getreide wird ein gutes Brot.
Zuletzt hatten die Menschen mehr Zeit – bedeutet das Ende des Lockdowns zugleich das Ende des Hypes?
Ich glaube nicht, dass der aufhören wird. Brotbacken erdet die Menschen, ich sage auch gern, es ist eine Therapie. Es tut gut, Dingen Zeit zu geben und zu sehen, wie sich etwas entwickelt – das hat man beim Backen von Brot. Und das Schöne ist, dass ich merke, welche unterschiedliche Menschen sich dafür interessieren. Mütter backen mit ihren Kindern, die Oma am Land mit den Enkeln, dazu Hipster, Studenten, alle Berufsklassen, die man sich vorstellen kann. Aber eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind reflektiert.
Info: Bei „Kruste&Krume“ in Wien dreht sich alles um gutes Brot und das Bäckerhandwerk. In der Brotbackschule finden Workshops zu vielfältigen Themen statt, Greißlerei und Onlineshop bieten alles, was zum Brotbacken gebraucht wird, und die besten Rezepte gibt es im Kruste&Krume YouTube-Channel.
Wir verlosen: 3 Bücher „Der Duft von frischem Brot“ von Barbara van Melle, erschienen im Brandstätter Verlag. Ausgezeichnet mit der Silbermedaille der Gastronomischen Akademie Deutschland 2016; 208 Seiten, Hardcover
Eine gute Zeit wünscht Ihnen
Ursula Macher
Chefredakteurin Gault&Millau Magazin
Jetzt teilnehmen und gewinnen!
Nehmen Sie an unserem Gewinnspiel bis zum 17.06.21 teil und gewinnen Sie eines von drei Exemplaren des Buchs „Der Duft von frischem Brot“ der österreichischen Autorin Barbara van Melle.
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