Michelin kommt nach Österreich und es könnte etwas von Shakespeare haben…

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FOTO DREAMS+HAPPEN Communications

Wir schauen aktuell zu unseren Nachbarn in Österreich, einem gesegneten Tourismusland mit hervorragender Gastronomie. Doch dort wird gerade gar nicht freundlich, vielmehr hitzig, diskutiert. Grund ist die Rückkehr des Michelin Guides, der zuletzt 2009 in Österreich erschienen ist. Das mag verwundern, wir kennen als Herausgeber Gault&Millau Deutschland und Italien den Guide Michelin und wissen um die internationale Konkurrenz, die immer belebt und für uns zweifelsohne eine internationale Messlatte darstellt, nicht zuletzt durch die Präsenz in mehr als 40 Ländern. Wir kämpfen hier nicht um virtuelle Fördertöpfe, sondern um wegweisende Qualität in den Bewertungen und Empfehlungen. Konkurrenz belebt das Geschäft, finden wir. Internationaler Gastro-Tourismus gehört zu den spannenden Qualitäts-Feldern von Tourismus-Destinationen, insofern gehört die Alpenrepublik wenn immer sich die Chance bietet, auf jede Genuss-Landkarte.

Nun die Gegenwehr, und ganz vorne, wie im Shakespeare Stück, als Agitator Falstaff: Öl ins Feuer goss vergangene Woche sein Herausgeber Wolfgang Rosam, der – wohl nicht ganz uneigennützig – die Finanzierung des Guide Michelins kritisiert. Rosam sorgt damit in Österreichs Gastronomie und somit bei seiner eigenen Klientel für viel Kopfschütteln. Wir haben einen Experten gefragt, Michael Pöcheim-Pech, Herausgeber und Chefredakteur des Fachmagazins KALK&KEGEL.

Mit seiner erfolgreichen Petition für die Rückkehr des Guide Michelin und politischer Überzeugungsarbeit ist es ihm und seiner Publikation KALK&KEGEL im Frühjahr dieses Jahres gelungen nach langem Stillstand wieder Schwung in die Sache zu bekommen.

Herr Pöcheim-Pech, ist die Rückkehr des Guide Michelin nach Österreich durch den Vorstoß von Falstaff-Chef Rosam nun gefährdet?

PÖCHEIM-PECH: Rosams Argumente sind an den Haaren herbeigezogen. Er kritisiert ja nicht den Michelin selbst, sondern findet die Finanzierung durch die öffentliche Hand als unfair. Wörtlich spricht er sogar von einem Skandal. Doch es ist nichts Unlauteres, wenn Österreich mit dem Guide Michelin Geld in eine erfolgreiche Werbung für den internationalen Tourismus investieren will. Nichts anderes passiert ja auch bei Rosams Falstaff, der ebenso – und im Übrigen auch ganz verdient – von öffentlichen Stellen wie den Tourismusverbänden oder der Wirtschaftskammer Geld erhält. Das verschweigt Rosam in der aktuellen Debatte aber. Die Rückkehr des Guide Michelin wird er damit nicht aufhalten. Viel eher befürchte ich, dass Herr Rosam mit diesem Rundumschlag gerade sein eigenes Lebenswerk sabotiert.

Wie ist das zu verstehen?

Der Falstaff ist mit seinen Medien ein wichtiges Asset für Österreichs Gastronomie und wird damit ja auch zu Recht von öffentlichen Stellen finanziell unterstützt. Gemeinsam mit dem Gault&Millau trägt der Falstaff wesentlich zu einer Qualitätssteigerung der österreichischen Gastronomie bei. Wenn der Gault&Millau seine Hauben verleiht oder der Falstaff seine Gabeln, dann ist das über Tage Thema in den Medien. Beide Guides sind unverzichtbar für die Gastronomie in unserem Land. Genau diesen Menschen aus der Branche fällt Rosam aber jetzt in den Rücken, wenn er gegen die Rückkehr des Guide Michelin stichelt. 20.000 Menschen aus der Branche haben im April dieses Jahres die KALK&KEGEL Petition für das Comeback des Michelin unterstützt. Da herrscht in der Community natürlich gerade große Verwunderung über das eigensinnige Zündeln des Herrn Rosam. Gerade in einer Phase, in der es für die Gastronomie aufgrund von hohen Energiepreisen und verminderter Kaufkraft, nicht so rosig läuft, wäre ein Miteinander der Medien in unserer Branche essentiell. 

Warum setzt sich ausgerechnet Ihr Magazin KALK&KEGEL so für den Guide Michelin ein?

Als Gastronomie-Fachmagazin sehen wir uns den Menschen aus der Branche verpflichtet. Als zu Beginn des Jahres der „Guide Michelin Main Cities of Europe“ wieder seine Sterne für Wien und die Stadt Salzburg vergeben hatte, haben wir die Story gebracht, wie viele Sterne in Österreich eben nicht vergeben wurden. Das löste ein riesiges Echo bei unseren Leserinnen und Lesern aus. Da haben wir mit der Petition reagiert. Im Minutentakt sind die Unterstützungserklärungen eingegangen. Nach wenigen Tagen hatten wir rund 20.000 Menschen aus vielen tausend Betrieben auf unserer Seite. Mit dieser Kraft öffneten sich die Türen zu den politischen Akteuren, die wir dann vom lohnenden Investment für den Guide Michelin zu überzeugen versuchten. Natürlich gab es auch in den Jahren davor schon Anstrengungen in diese Richtung von anderen Akteuren. Die erste Petition startete übrigens ich selbst bereits im Jahr 2010. Wir haben also ein Feld betreten, das von vielen Profis schon gut bearbeitet war.

In Österreich geht das Gerücht um, Sie würden Chefredakteur des Guide Michelin Österreich werden – und wären deshalb so dahinter. Was ist da dran?

Gar nichts. Wenn mein Name mit so einer glanzvollen Marke wie dem Michelin in Verbindung gebracht wird, dann ist das natürlich eine Ehre. Tatsächlich gibt es aber keinen Kontakt zum Guide Michelin. Wir hatten den Michelin im Zuge der Petition einmal kontaktiert. Da wurde uns aber unmissverständlich kommuniziert, dass man sich da in keiner Weise einbringen will, was natürlich ein sehr seriöses Vorgehen ist.

Und was würde der Guide Michelin nun für Österreich bringen?

Eine internationale Aufmerksamkeit für die Kulinarik im Land. Unsere Redaktion hat hochgerechnet, was an Sternen möglich sein könnte. Und da dürften wir im Verhältnis zu unserer Größe auf Anhieb zu den besten Ländern der Welt zählen. Das Geld, das Österreich dafür investiert, kommt um ein Vielfaches zurück – das belegen Hochrechnungen aus anderen Ländern. Eine bessere Investition kann es für den Tourismus nicht geben. Am Ende profitieren davon alle – die Hotellerie, die Wirtshäuser und natürlich auch ganz andere Branchen. Es geht hier um ein kaufkräftiges internationales Publikum, das auf dieser Ebene nur der Guide Michelin international ansprechen kann. Die Leute lassen ihr Geld ja dann nicht nur in den Sterne-Restaurants liegen.

Für wann erwarten Sie die erste Ausgabe?

Die offiziellen Verhandlungen mit dem Guide Michelin laufen ja bereits. Wir sind da aber nicht mit dabei am Verhandlungstisch. Und jene, die verhandeln, sind der Verschwiegenheit verpflichtet. Somit kann ich nur spekulieren. Ich hoffe auf Ende 2024. Und ich bin wirklich überzeugt, dass alle profitieren werden. Sogar die sogenannte Konkurrenz.

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