Jetzt teilen
TEXT Anke Kronemeyer | FOTO ProWein
Vom 19. bis 21. März 2023 fand mit der ProWein wieder die wichtigste Messe der deutschen Weinbranche statt. Unsere Gault&Millau Autorin Anke Kronemeyer war vor Ort und fasste uns die wichtigsten Fakten zusammen:
Fast 50.000 Besucher kamen zur ProWein nach Düsseldorf
Drei Tage lang hat sich in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt – eigentlich ja eine Altbierstadt – alles um den Wein gedreht. 6000 Aussteller aus 60 Nationen kamen in 13 Messehallen zusammen, um sich über aktuelle Trends und Themen auszutauschen. Insgesamt wurden 49.000 (2019: 61.500, 2022: 38.000) Besucher gezählt, die übrigens massiv bei An- und Abreise an zwei Messetagen gestört wurden, weil die Verdi-Gewerkschaft den öffentlichen Personennahverkehr bestreikte. Das hatte Auswirkungen bis weit in die Düsseldorfer Gastronomie, weil viele ihre abendlichen Reservierungen nicht wahrnehmen konnten. Generell war die Stimmung auf der Messe ambivalent und von vielen Einflüssen geprägt.
Großer Umbruch in der Weinbranche
Auf der Messe ging es um alle Themen, die die Weinbranche aktuell beschäftigen – vor allem um Nachhaltigkeit, alternative Weinverpackungen und alkoholreduzierte Getränke. Denn der Weinanbau ist zurzeit in einem radikalen Umbruch – bestimmt durch den Klimawandel, den Ukraine-Krieg und die damit verbundene Inflation. Die Folgen sind enorm: Der Klimawandel lässt viele Winzer über ökologische Bewirtschaftung nachdenken. Nur zwei Beispiele aus Deutschland: Martin Korrell von der Nahe und das Weingut Prinz von Hessen im Rheingau befinden sich schon im Countdown, präsentieren mit dem 2023er-Jahrgang ihren ersten Bio-Wein. Zum Themenbereich Klimawandel gehört auch, dass viele Winzer pilzwiderstandsfähige Rebsorten, die Piwis, anpflanzen.
Alternativen zur Glasflasche
Das nächste Problem der Weinbranche sind – neben gestiegenen Energie- und Logistikpreisen – die hohen Glas-Preise. Die sind der Grund dafür, dass ebenfalls über Alternativen nachgedacht wird. Auf der Messe wurden Flaschen aus Papier, aber auch Wein aus Bag-in-Box vorgestellt. Weingüter wie Dönnhoff, Grünhaus oder Leitz bieten ihre Weine bereits in Drei- oder Fünf-Liter-Gebinden an. Ein Pfandsystem gibt es ebenfalls: Das Weingut Galler aus der Pfalz füllt einen Wein – übrigens eine Cuvee aus zwei Piwi-Rebsorten – in eine Halbliter-Bierflasche, die dann am Getränkeautomaten zurückgenommen wird. Württemberger Genossenschaften haben bereits die Wein-Mehrweg eG gegründet und entwickeln eine eigene Pfandflasche.
Und dann hat sich noch das Kaufverhalten des Endverbrauchers geändert – auch darauf müssen die Winzer reagieren. Denn die so genannte „Generation Z“ liebt es, alkoholreduzierten Wein zu trinken. Darum war der „no-and-low-Trend“ auch Thema auf der Messe. Viele Weingüter entziehen dem Wein den Alkohol und bieten ihn zwar nicht ganz alkoholfrei, aber zumindest reduziert an. Jörg Geiger, Kolonne Null, Schlumberger, Schloss Wachenheim oder die Giesen Group aus Neuseeland gaben hier vielfach Auskunft über den neuen Trend in der Flasche.
Weniger Umsatz mit deutschem Wein
Fehlt noch die Inflation: Die ist Grund dafür, dass weniger Wein – vor allem aus Deutschland – gekauft wird. Steht der Endverbraucher vor dem Regal im Supermarkt und sieht, dass der Riesling aus Rheinhessen teurer ist als der Sancerre aus Frankreich, steht seine Entscheidung fest. Die Folge: Es wurde im vergangenen Jahr zehn Prozent weniger Wein eingekauft, der Umsatzrückgang betrug 6,5 Prozent. Aber: Es wurde mehr Rosé-Wein eingekauft. Und der deutsche Wein wird im Ausland immer beliebter. Das hat auch Martin Klumpp aus dem badischen Bruchsal bei der ProWein erlebt. Sein Stand war drei Tage lang dicht umdrängt – „und es waren vor allem Importeure aus Schweden und Norwegen, die den Wein toll fanden“.
ÖPNV-Streik hat die Stimmung getrübt
Also eine ambivalente Stimmung bei der ProWein. Generell waren viele zufrieden – wie zum Beispiel Monika Reule, Geschäftsführerin des Deutschen Weininstituts (DWI): „Die deutschen Aussteller ziehen eine positive Bilanz. Sie waren mit Qualität und Quantität der Fachbesucher insbesondere aus dem Ausland sehr zufrieden.“ Aber viele waren auch nicht zufrieden – nicht nur wegen des ÖPNV-Streiks. Einige – wie zum Beispiel Johannes Landgraf vom Weingut Becker-Landgraf aus Rheinhessen – überlegen sich, ob sie nächstes Jahr wieder an allen drei Tagen kommen. „Ein Tag würde vielleicht reichen“, sagt er und verweist unter anderem auf die relativ hohen Hotelpreise in Düsseldorf.
Nächste Messe vom 10.-12. März 2024
Die sind seit Jahren ein Thema. Krasses Beispiel aus diesem Jahr: Benedikt Braun aus Franken reiste mit fünf Geisenheimer Kommilitonen an und musste 130 Euro pro Mann und Übernachtung in einem schlichten Hostel im Sechs-Bett-Zimmer zahlen. Andere wichen nach Willich, Krefeld, Kaarst oder sogar Köln aus, um ein günstiges Zimmer zu finden. Hoteliers rechtfertigen sich: „In Paris oder Amsterdam werden ähnlich hohe Preise wie zur Düsseldorfer Messe aufgerufen – die werden anstandslos bezahlt, weil die Gäste dann sagen: Ja, das ist ja Paris oder Amsterdam…“ Viele hätten sich auch zu spät für eine Buchung entschieden, das wird dann erfahrungsgemäß teurer. Wer das für 2024 ändern will: Die nächste ProWein findet vom 10. Bis 12. März statt.